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Kapitel 6: Sprache und Nation im Grenzgebiet

2. Politische Konflikte im Amt Tondern zwischen 1840 und 1851

2.5. Nach dem 1. Schleswigschen Krieg

Während die Amtsverwaltung in Tondern sich vor dem Krieg 1848-51 mit der Bespitzelung und näheren Untersuchung politisch verdächtiger Personen beschäftigte, so war es nach dem Krieg Zeit aufzuräumen – sowohl mit unerwünschten politischen Meinungen als auch in den Waffenkammern. Am 28.

September 1850 bereits wird vom neuen Amtvorsteher Reventlov ein Erlass publiziert, der an die schleswig-holsteinisch Gesinnten gerichtet ist:

Publicandum: Da das Absingen des Liedes ”Schleswig-Holstein meerumschlungen ec.”

Mehrfach zu Reibungen und Unordnungen Anlass gegeben hat: So wird das Singen des gedruckten Liedes sowie ähnlicher auf die Politik Bezug habender Lieder etc. auf den Straßen und an allen öffentlichen Orten untersagt. Uebertretungen des Verbots werden mit einer namhaften Geld: oder Gefängnisstrafe geahndet werden.

Gleichzeitig ist man sich auch bewusst, dass die politische Zensur nicht einfach durchzusetzen ist. So wird Reventlov von höherer Instanz, die sich aufgrund des Krieges nicht mehr in Schleswig, sondern in Flensburg befindet, informiert:

„Anlässlich der sachlichen Beschreibung des Herrn Amtmannes vom 18. diesen Monats, wird hiermit mitgeteilt, dass Zensur derzeit im Herzogtum Schleswig nicht legal ausgeübt werden kann, dass es aber laut (Schreiben?) vom 22. Februar 1820 und 10. März 1848 bereits in der Macht des Polizeimeisters steht, die Schriften zu beschlagnahmen, deren Inhalt als strafwürdig angesehen wird.“21

21 ”I anledning af Herr Amtmandens besaglige skrivelse af 18de d.M., meddeles hermed, at censur for tiden ikke lovlige kan udøves i Hertugdømmet Slesvig men at det ifølge (…) 22. Febr. 1820 og 10de Marts 1848 allerede staar i vedkommende Politimesters Magt (Hervorhebung AGT), at lægge de Skrifter under Beslag, hvis Indhold anses for strafværdigt.” I: Tønder Amt, Gendarmerisager. H 30:

Nationalpolitiske sager efter Treårskrigen i almindelighed, samt sager fra gendarmeristationen i Nibøl, 1850-1871.

Zu diesen werden regierungskritische Schriften gezählt sowie Artikel, die sich mit den Sprach- und Nationalitätsverhältnissen auf „unerwünschte“ Weise auseinandersetzen.22

Bemerkenswert erscheint mir daran, dass die politische Verantwortung in dieser Phase des Bürgerkampfes auf die niederen Instanzen, d. h. die lokalen Polizeistationen übertragen wurde – die höhere Instanz gab den Befehl zum Einschreiten, zur Zensur, räumte aber gleichzeitig die eigene Ohnmacht ein.

Gleichzeitig beschäftigte sich die Amtsverwaltung in Tondern auch mit den regelmäßigen Publikationen, die eigentlich nicht gegen die gesamtstaatliche Regierung eingestellt waren. So beschwert sich die Regierung in Flensburg über die Indiskretion, die dänischgesinnte Blätter ausweisen. Danevirke berichtet ausführlich von den Truppen und welche Brigaden wo aufgestellt waren. Aus militärischen Gründen sei dies aber nicht zu tolerieren, so Flensburg.23

Nach dem Krieg 1848-51 beschäftigen sich die Amtsverwaltungen auch mit den praktischen Problemen. In erster Linie handelt es sich dabei um die Rücklieferung

„einkassierter“ Waffen. Diverse Bauern wenden sich an die Amtsverwaltung mit Hinweis auf die bevorstehende Jagdsaison und mit der Bitte, ihr altes Gewehr wiederzubekommen. Doch die Amtsverwaltung überprüft jeden Bittsteller erst einmal auf politische Gesinnung. So möchte Hofbesitzer Paul Paysen aus

22 ”Ligesom jeg imidlertid paa den ene side forventer, at vedkommende politimestre ikkun med tilbørlig Varsomhed ville bringe denne forholdsregel til Anvendelse, jeg maa paa den anden side have dem opfordrede til at henvende særdeles opmærksomhed paa saadanne Artikler, som behandler Nationalitets og Sprogforholdene her i Hertugdømmet paa en Maade, som under nærværende Omstændigheder kun kan være den gode Sag skadelig, og som derfor ligesom lidet maa taales, som en upassende critik over de Foranstaltninger der af Regeringen træffes for at ordne disse vanskelige Forhold”, Ebd.

23 Ebd., Flensborg den 23de Novb. 1850: ” Da det af militære Hensyn er vigtigt at netop saadanne Details, saavidt muligt, unddrages Fjendens Kundskab, og lignende Artikler ingenlunde ere sjeldne hverken i Dannevirke eller i Freia, saa mener jeg, da ofte ubevagnelig skade dermed afstedkommer have Herr Amtmanden anmodet om at drage Omsorg for, at saadanne Overtrædelser af Forbudet af 22de Juli d.A. med Hensyn til de i det Denunderlagte District udkommende Blade forebygger eller i forekommende Tilfælde straffer efter Anordningens Bud.”

Wimmersbüll zwei eingelieferte Gewehre wiederhaben. Dazu wird vom Polizeiamt zu Tondern an das Amthaus mitgeteilt:

„Der Hofbesitzer Paul Paysen in Wimmersbüll ist ein Mann der als eifriger Schleswig Holsteiner bekannt ist, und für den nichts redet daß ihm ausnahmsweise der Besitz einer Feuerwaffe anvertraut werden könnte (…). Ich glaube somit darauf antragen zu dürfen daß ihm auf sein rubricirtes Gesuch ein abschlägiger Bescheid zu Theil werden möge.“24

Auch andere haben wenig Glück und bekommen ihre Gewehre vorerst nicht wieder ausgehändigt – als zu groß wird offenbar die Gefahr einer Wiederbewaffnung angesehen. Erst im März 1852 hebt Amtsmann Reventlov diese Bestimmung formal auf. Der Besitz deutscher oder schleswig-holsteinischer Symbole steht aber weiterhin unter Strafe. 25

2.6. Zusammenfassung

Was kann zusammenfassend über dieses Primärmaterial gesagt werden? Es verdeutlicht erst einmal die Tatsache, dass die schleswig-holsteinische und letztendlich auch die Kopenhagener Regierung abhängig waren von einer gut funktionierenden bürokratischen Hierarchie, die bis nach unten in die Gesellschaft hineinreichte. Zweitens mag auch deutlich werden, dass die Ämter und lokalen Verwaltungen sich einer Vielzahl von praktischen Problemen - wie dem Übersetzen

24 Dazu gibt es auch einen kaum lesbaren Brief von Paul Peysen selbst (Wimmersbüll d. 11. Octbr.

1850).

25 Bekjendtgørelse. Da de nærværende Forhold tillade, at det ved Amtshusets Bekjendtgjørelse af 8de August 1850 givne og indtil nu overholdte Forbud imod uden særegne dertil givne Tilladelse, at have noget som helst Vaaben i sit Værge, nu kan ophæves, bliver derved den lovlige besiddelse af Vaaben saavel i Staden som Amtet Tønder atter tilladt (…) Hertil bliver dog udtrykkelig at til føje, at det ligeledes i den ovennævnte Bekjendtgjørelse indholdte Forbud imod besiddelsen og Brugen af de saakaldte tydske og slesvigholsteenske Faner, Cocorder og andre Partitegn naturlig forbliver som hidindtil i sin fulde Kraft, over hvis Overholdelse der med Strænghed vil blive vaaget.” Tønder Amtshuus den 29de Marts 1852.

von politischen Bescheiden oder dem Einsammeln von Gewehren - stellen mussten, die mit den neuen politisch-nationalen Konflikten einhergingen.

Zuletzt muss festgestellt werden, dass das Material keinerlei politischer Stellungnahmen bereithält. Beim Polizeimeister finden keine brisanten politischen Diskussionen statt, denn dort werden keine Meinungen kundgetan, sondern Befehle ausgeführt. Brisant und politisch wird es jedoch in eben jenen Schriften, die unerwünscht waren, verboten oder zensiert wurden. Im Folgenden wenden wir uns diesen Quellen näher zu.

3. Geschichtsdeutungen und die deutsch-dänische Grenzfrage,