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Arnold Rechberg an den Unterstaatssekretlr im Auswärtigen Amt Dr. David

In document SLÆGTSFORSKERNES BIBLIOTEK (Sider 176-180)

TEIL I Dokumente Nr. 1-38

13. Arnold Rechberg an den Unterstaatssekretlr im Auswärtigen Amt Dr. David

(Durchschlag)

Hersfeld, 4. Dezember 1918 Euer Exzellenz

möchte ich über meine Reise nach Kopenhagen noch Bericht erstatten.

Vor meiner Abreise hatte ich von Exzellenz Erzberger in Gegenwart meiner Schwester ganz unmißverständlich folgende Instruktion erhalten:

Privat Verbindung mit der englischen Gesandtschaft zu suchen, insbe­

sondere mit dem Geschäftsträger, Mr. Guerney, und dem Handelsattaché, Mr. Turner, neutrale Vermittler möglichst vermeiden.

In Kopenhagen habe ich mich zwecks Erkundung des Terrains zunächst mit dem Grafen Brockdorff-Rantzau in Verbindung gesetzt. Graf Brockdorff wollte im Gegensatz zu Erzberger nicht, daß ich direkte Verbindung mit der englischen Gesandtschaft suche. Er schlug mir den Weg .über einen Neutralen, Herrn Scovgaard-Petersen, vor. Herr Scovgaard-Petersen sagte mir, die Sache sei, wenn sie von deutscher Seite ernsthaft gewollt werde, von riesiger Bedeu­

tung. Der Gedanke sei allgemein bekannt, auch den Engländern. Es mangle bisher, daß er von maßgebenden Persönlichkeiten deutscherseits in Angriff genommen worden sei.

Bei der Bedeutung der Frage, deren Vorteile für die Neutralen Herr Scovgaard-Petersen völlig einsah, wollte er aber nicht allein an die englische Gesandtschaft herantreten, sondern einen Vertrauten, Herrn Prior, einweihen.

Herr Prior ist Vorsitzender des Industrierates in Dänemark. Herr Prior seinerseits wollte, da auch er die Frage für ungeheuer wichtig hielt, durchaus auch den zweiten Vorsitzenden des dänischen Industrierates, Herrn Voss, in­

formieren. Eine solche Verbreitung der Aktion hätte aber den Rahmen meiner Instruktion überschritten, umsomehr, als davon die Rede war, daß die beiden Vorsitzenden des dänischen Industrierates eventuell den dänischen Handels­

minister ins Vertrauen ziehen würden. Die Gesandtschaft hielt es für bedenk­

lich, auf diesem Wege noch weiter zu gehen, eine Auffassung, der ich mich anscbließen mußte.

Dagegen wollte ich nunmehr direkt an die englische Gesandtschaft heran­

treten. Das wollte Graf Brockdorff-Rantzau durchaus nicht. Ich hatte mit dem Grafen eine Besprechung darüber, zuletzt in Gegenwart meiner Schwester. Graf Brockdorff war beleidigt, daß er von Berlin nicht informiert sei. Er sagte u. a., daß Staatssekretär Erzberger ihm keine Instruktion geben könne. Die politische Lage könne er besser übersehen und müsse Belehrungen darüber ablehnen.

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Daraufhin sagte meine Schwester schließlich ernsthaft, daß Herr Erzberger und die Herren in Berlin sehr genau wußten, was sie politisch tun. Graf Brock­

dorff-Rantzau hielt mir vor, ich wollte mir ein historisches Verdienst aneignen, worauf ich betonen mußte, daß ich lediglich und ausschließlich aus Pa­

triotismus handele.

Am folgenden Tage erbat ich weitere Instruktionen aus Berlin, die ich, tagelang nicht erhalten habe. Gegenüber der immer schwierigeren Lage in Deutschland habe ich schließlich entsprechend meiner Instruktion das Exposé unter Bezugnahme auf meinen Freund, den englischen Botschaftsrat Grahame, den Engländern zugestellt.

Einige Tage, nachdem dies geschehen war, erhielt ich von Exzellenz Erz­

berger die Gegeninstruktion, mich nach Graf Rantzau zu richten. Ich führe diese Depesche auf einen Bericht zurück, den Graf Rantzau wahrscheinlich an das Auswärtige Amt eingereicht hat.

Es ist dann folgendes geschehen:

1) Es hat mich ein englischer Herr, Mr. Spencer, aufgesucht. Er frag mich, ob ich in Kopenhagen sei, um mit den Engländern zu verhandeln. Ich erwiderte vorsichtig: Nein, ich sei nur in Roten Kreuz-Fragen da, ob er von der engli­

schen Gesandtschaft zu mir geschickt sei? Mr. Spencer sagte: nein, er kenne aber maßgebende englische Persönlichkeiten, er komme zu mir, weil bekannt sei, daß ich den Gedanken einer deutsch-englischen Verständigung auf wirtschaft­

licher Basis verträte. Wenn ich allerdings keine offizielle Vollmacht hätte, könnten amtliche englische Persönlichkeiten nicht mit mir verhandeln. Wenn Deutschland wirklich etwas derartiges wolle, sei es unbegreiflich, daß die deutsche Regierung diesen Weg nicht einschlüge. Ich: Bisher seien die Militärs ein Hindernis gewesen. Mr. Spencer: Dieses Hindernis sei nicht mehr vorhan­

den. Die deutsche Regierung müsse guten Willen beweisen, auf die deutsche Regierung käme es noch mehr an, als auf die deutsche Industrie. Mr. Spencer frag dann weiter: Warum jetzt wohl Ludendorff gegangen sei, die deutsche Regierung den vorgeschlagenen Weg nicht beträte und warum sie sich dauernd an Wilson und nicht an England wende. Das sei für England verletzend. Er frag wörtlich: Glaubt denn Ihrer Regierung wirklich irgend ein vernünftiger Mensch, daß Präsident Wilson jetzt, wo Deutschland geschlagen ist, das ge­

ringste gegen den Willen Englands machen kann?

Ich brachte zur Sprache, ob ein Teil der Industrie-Abtretungen nicht an Stelle der Kriegsentschädigungen treten könne. Mr. Spencer: Das sei diskutier­

bar ebenso wie die Frage der englischen Gegen werte. Eine weitere unamtliche Erörterung sei jedoch zwecklos. Ich: Da er keine Legitimation besäße, wüßte

ich nicht, ob sein Besuch die Angelegenheit irgendwie fördere. Mr. Spencer:

Das werde sich vielleicht zeigen. Er persönlich sei nur vorübergehend in Kopenhagen.

2) Beiliegender Aufsatz eines Mitgliedes der englischen Gesandtschaft in Kopenhagen. *)

Ich möchte schließlich noch bemerken, daß die Angelegenheit mir zu wichtig ist, um in einer Auseinandersetzung zwischen dem Grafen Brockdorff und mir zu endigen, der ja auch ursprünglich mit der ganzen Sache nicht befaßt gewesen ist. Jedenfalls ist durch das Verhalten des Grafen Brockdorff-Rantzau meine Entschlußfreudigkeit, mich bis zum Äußersten für mein Vaterland ein­

zusetzen, sehr schwer belastet worden. Ich habe schon vor etwa 14 Tagen einen analogen Bericht an Exzellenz Erzberger gerichtet.

Ich bin mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung E. E. sehr ergebener [Arnold Rechberg]

*) hier fortgelasaen

14. Kronprinz Wilhelm an Arnold Rechberg Wieringen, 16. 8. 1919 Mein lieber Rechberg!

Sie haben in letzter Zeit zu wiederholten Malen in tapferer und aufrechter Art und Weise die Verleumdungen, die von den verschiedensten Seiten gegen mich erhoben sind, durch Ihnen bekannte Tatsachen widerlegt. Hierfür möchte ich Ihnen meinen von Herzen kommenden Dank sagen. Es hat mir sehr wohl getan, daß Sie nicht zu den Männern gehören, an denen das neue Deutschland ja jetzt so reich zu sein scheint und die ihre Gesinnung wechseln wie ein altes Hemd. Sie wissen selbst aus den Gesprächen mit mir, wie ich nach der Schlacht an der Marne gedacht habe, die nur durch die Kopflosigkeit und das Versagen der damaligen O. H. L. den Franzosen ihren großen Erfolg gebracht hat, zu dem sie wie die Jungfer zum Kinde gekommen sind, denn bekanntlich waren die Franzosen ja noch am Tage vor dem Rückzüge auf der ganzen Linie geschlagen.

,3« Stegemann !” Der Schlief fensche Plan zerbrach endgültig an der Marne, durchbrochen war er schon im Aufmarsch. Es war mir somit bereits im Herbst 178

1914 klar, daß der Feldzug für Deutschland siegreich nicht mehr zu gewinnen war. Das Wort, das damals in England geprägt wurde und bei Uns belächelt:

„Die Zeit arbeitet für Uns”, habe ich persönlich sehr ernst genommen. Meine Ansicht, daß nur ein baldiger Friedensschluß, mit eventuell großen Opfern, unsere Situation retten könnte — ich sprach Ihnen damals gegenüber bereits über die Abtretung von Elsaß-Lothringen — habe ich oft genug zum Ausdruck gebracht, ich fand aber nirgends Gehör. Es war mir von vornherein klar, daß bei Uns die Kräfte unserer Gegner, speziell die der Engländer, dauernd unter­

schätzt, unsere eigenen und die unserer Bundesgenossen dafür aber erheblich überschätzt wurden. Je länger der Krieg dauerte, mußte ich erkennen, daß die einfachste Voraussetzung für die glückliche Beendigung des Krieges, nämlich eine zielbewußte energische Regierung, überhaupt fehlte. Die Wahl der Reichs­

kanzler war die unmöglichste, die man sich überhaupt hätte vorstellen können.

So erklärt sich auch letzten Endes der Zusammenbruch durch die Revolution in erster Linie aus der traurigen Schwäche, Entschlußlosigkeit und Tatenlosigkeit der Regierung. Sie können sich schwer einen Begriff davon machen, was ich in den letzten Jahren des Krieges unter der Erkenntnis dieser Verhältnisse gelitten habe. Aber man wollte mich nicht hören. Wir sahen mit sehenden Augen die Untergrabung der Front durch die sozialistische Hetzarbeit, wir haben das dauernd gemeldet, es wurde uns jedoch nicht gestattet, durchgreifende Mittel anzuwenden, und so kam, was kommen mußte. Ich habe auch einen vergeb­

lichen Kampf gekämpft gegen die meines Erachtens verheerende ..Behandlung unserer öffentlichen Meinung. Wenn immer behauptet wurde, wir siegten dauernd auf der ganzen Linie, so kämpften wir in Wirklichkeit bereits seit langem einen Verzweiflungskampf. Man konnte sich also meines Erachtens nicht über den gänzlichen Zusammenbruch der Heimat wundern.

Auch ich hätte schon gerne einmal etwas über die Dinge, die ich weiß, veröffentlicht, aber ich habe den Entschluß vorläufig aufgegeben, da ich mich von den letzten Enthüllungen in der Presse, bei denen jeder die Schuld auf den anderen schiebt, zu sehr angeekelt fühle. So werde ich zunächst noch damit warten. Leicht ist es manchmal nicht, bei alledem zu schweigen, vor allem, wenn Einem vorgeworfen wird, man habe zur Verlängerung des Krieges beige­

tragen, und Sie wissen ja selbst am besten, daß das genaue Gegenteil davon der Fall gewesen ist. Momentan scheint in Deutschland ja überhaupt kein günstiger Boden für ruhige unparteiliche Beurteilung irgend welcher Fragen zu sein.

Jeder denkt nur an seinen Magen und persönlichen Vorteil, das Wohl des Vaterlandes scheint nur eine nebensächliche Bedeutung zu haben. Ich würde Sie gerne einmal wiedersehen und könnte Ihnen manches Interessante erzählen.

Mit den herzlichsten Grüßen Ihr getreuer und dankbarer Wilhelm

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