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Arnold Rechberg an General Ladendorff (Abschrift)

In document SLÆGTSFORSKERNES BIBLIOTEK (Sider 195-200)

TEIL I Dokumente Nr. 1-38

23. Arnold Rechberg an General Ladendorff (Abschrift)

stândlich, daß bei gemeinschaftlicher vaterländischer Arbeit Meinungs-Ver­

schiedenheiten nicht zu vermeiden sind. Ich habe wiederholt E. E. Wünschen nachgegeben, auch wenn ich sie nicht für opportun hielt. Es gibt aber Fragen grundsätzlicher Natur, in denen die volle Übereinstimmung unerläßlich ist.

E. E. haben in Ihrem gestrigen Briefe an mich betont, daß die Treue gegen­

seitig sein müsse. Ich bitte E. E. an meiner Treue nicht zu zweifeln. Ich ver­

stehe unter Treue aber, daß ich E. E. dann warne, wenn ich Sie damit vor Schaden bewahren will. Auch Bismarck war Kaiser Wilhelm I. treu und hat doch zuweilen, wenn es um das Wohl und Wehe des deutschen Volkes ging — so wie beim Friedensschluß im Jahre 1866 — seinem von ihm so geliebten König entschlossen die Wahrheit gesagt. Außerdem bitte ich E. E. meine Besorgnisse damit zu entschuldigen, daß eine gewaltige Spannung in der Luft liegt und daß der Augenblick herannaht, in dem sich das Schicksal Deutschlands und Europas zum Guten oder zum Unglück wenden wird.

Mit vielen Empfehlungen bin ich E. E. aufrichtig und treu ergebener gez. Arnold Rechberg

23. Arnold Rechberg an GeneralLadendorff

Presse veröffentlichten, durch Vorhersagen der Entwicklung, wie sie nachher die Ereignisse selbst bestätigt haben, hatten E. E. langsam und sicher an Boden gewonnen.

Die Botschafter der Entente begannen durch meine Vermittlung die Fühlung mit E. E. zu suchen. Englische Feldmarschälle und aktive Minister baten mich, E. E. aufsuchen zu dürfen. Auch der französische Minister Barthou hat mir noch im vorigen November gesagt, er lege besonderen Wert darauf, bei seiner nächsten Reise nach Deutschland eine ausführliche Aussprache mit E. E.

zu haben. E. E. wurden schließlich gewissermaßen als eine souveräne Macht angesehen, deren politische Einstellung von internationalem Gewicht sei. Der amerikanische Botschafter hat noch im vorigen November, als ich mit E. E.

zusammen ihn aufsuchte, E. E. geradeso wie einen souveränen Herrscher durch seinen Botschaftsrat am Fuße der Haupttreppe empfangen lassen, Paul Reynaud, der Vertraute des Präsidenten Millerand, hat mit E. E. einen Staatsvertrag zwischen Frankreich und Deutschland direkt verhandelt.

In dem gleichen Verhältnis, in dem E. E. politisches Urteil von den Entente-Regierungen immer höher eingeschätzt wurde, hatte sich auch E. E.

Ansehen in Deutschland wieder gefestigt und zwar umsomehr, je augenschein­

licher und offensichtlicher die Entente um Ë. E. bemüht war. Insbesondere begannen die Bayern in E. E. den Mann zu sehen, dessen Bedeutung weit über den Rahmen ihres Landes hinausreichte. E. E. haben das damals auch ganz richtig selbst empfunden. Sagten Sie mir doch, es könne nicht schaden, wenn ich den Bayern gegenüber gelegentlich betonte, welches Gewicht die Entente E. E. politischer Stellungnahme beilege.

Im vorigen Herbst — gerade vor Jahresfrist — standen E. E. im Zenith. Die damals von mir veranlaßte Unterredung zwischen E. E. und dem Aufsichtsrats- Vorsitzenden der Nationalbank, dem Geheimrat Witting, dessen großer Einfluß bis weit in die Reihen der Links-Parteien hineinreicht, hat gezeigt, daß selbst die Mittel-Parteien und die Links-Parteien bereit waren, E. E. wieder als den Führer der Nation zu akzeptieren und zwar deshalb, weil E. E. augenscheinlich am besten von allen Deutschen mit der Entente operieren konnten. Die nationa­

len Deutschen wären E. E. an und für sich gefolgt.

Es ist nun leider einmal so, daß die Menschen sich dahin orientieren, wo die Macht ist. Wenn auch zuweilen einige deutsche Zeitungen E. E. nahe Be­

ziehungen zu den Entente-Regierungen kritisiert haben mögen, so hat es doch allen imponiert, daß die nach dem für uns unglücklichen Kriegs-Ausgang mächtigsten Staaten E. E. Meinung ganz offenbar hoch bewerteten.

Es war selbstverständlich, daß die Moskauer Sowjetregierung E. E. Auf­

stieg mit steigender Beunruhigung beobachten mußte und zwar umsomehr, als 196

sich unsere Politik konzentriert gegen Moskau richtete. Es war daher zu er­

warten, daß die Sowjetregierung versuchen werde, E. E. zu sabotieren.

Dazu kam, daß die Moskauer Sowjetregierung mehr und mehr ihre Hoff­

nung auf eine direkte Bolschewisierung Deutschlands schwinden sah. Es blieb für sie nur noch die eine Möglichkeit offen, Deutschland indirekt und unter Ausnutzung der Kräfte zu bolschewisieren, welche an sich national und anti­

bolschewistisch sind. Diese Pläne der Moskauer Sowjetregierung waren mir schon vor Jahresfrist bekannt. Am 28. November 1922 schrieb ich in die

„Bayerische Staatszeitung”:

„Die Moskauer Sowjetregierung setze ganz besondere Hoffnungen auf die national-sozialistische Bewegung in Bayern. Man erwarte in Moskau, daß diese Bewegung zu einem gewaltsamen Ausbruch fuhren werde, und beab­

sichtige, deren Führer durch Provokateure, welche sich unter der Maske von bekehrten Kommunisten in die Partei einschleichen sollten, zu Un­

besonnenheiten zu verleiten. Eine von den Nationalsozialisten und ihrem Führer Hitler getragene Bewegung in Bayern werde sich aber nur ganz kurz halten. Sie würde die Entente geschlossen gegen sich haben, welche Hitler in seinen Ansprachen häufig gereizt habe. Einer Hitler-Regierung in Bayern würden daher alle Lebens-Notwendigkeiten und Zufuhren ab­

gedrosselt werden. Außerdem könne Hitler — abgesehen von den äußeren Widerständen — an und für sich dem Volke keines der Versprechen ein­

lösen, die er in seinen Reden dem Volk gemacht habe. Die Enttäuschung des Volkes werde also furchtbar sein. Der dementsprechend in Kürze zu erwartende Sturz einer Hitler-Regierung werde aber alle antibolschewisti­

schen Kräfte in Bayern und vielleicht sogar in ganz Deutschland in den Abgrund reißen. Der Weg zur Errichtung der Sowjet-Herrschaft in Deutschland werde dann frei gemacht sein.”

In der Tat mußte Herr Hitler als ein ideales Objekt für bolschewistische Provo­

kationen angesehen werden. Er ist ein fanatischer Demagoge, der zwar mit Schlagworten arbeitet, der aber glaubt, was er sagt. Es fehlen ihm die elemen­

tarsten Kentnisse der äußeren Politik und jeder Begriff dafür, auf welchen Faktoren überhaupt ein Staat aufgebaut ist. In wirtschaftlichen Fragen ist er, wie schon aus seinem Programm unzweifelhaft hervorgeht, vollkommen un­

wissend. Seine Energie ist dementsprechend ohne verstandesmäßige Hemmungen.

Dazu konnte es nicht zweifelhaft sein, daß eine nationale Erhebung in Deutschland gerade unter der Führung des Herrn Hitler von vornherein zum Mißerfolg verurteilt sein mußte. Eine Hitler-Regierung konnte ihrem Charakter nach nicht anders als schroff antisemitisch sein. Sie mußte also von Anfang an die Gegnerschaft aller Juden in der ganzen Welt gegen sich haben. Die Juden aber haben in den Parlamenten und in der Presse der Ententestaaten

erhebli-dien Einfluß und können daher deren Waffengewalt gegen das leider wehrlose Deutschland ausspielen.

Während außerdem Bismarck immer bestrebt gewesen ist, seine Gegner zu isolieren und soviel Macht-Faktoren als irgend erreichbar auf seine Seite zu ziehen, hatte Herr Hitler umgekehrt die Tendenz, sich möglichst viele Feinde auf den Hals zu laden. Das war umso törichter, als Bismarck über das beste und stärkste Heer der Welt verfügen konnte, während die Anhänger des Herrn Hitler doch schließlich wenige tausend junger Enthusiasten waren, deren Kampfkraft ich meinerseits niemals überschätzt habe.

Die bolschewistische Revolution zu bekämpfen ist an und für sich eine Aufgabe, deren Lösung nicht einfach ist. Mussolini hat diese Aufgabe angefaßt, nachdem er die Mehrzahl der italienischen Juden, die Großfinanz, auf seine Seite gebracht hatte. Wenn dagegen Herr Hitler, wie gesagt, seine Politik mit der Gegnerschaft aller Juden belastete, mußte sein Erfolg überaus zweifel­

haft werden. Herr Hitler hat aber außerdem noch in allen seinen Reden gegen die Entente Front gemacht und insbesondere den Krieg gegen Frankreich ge­

predigt. Das war umso unvernünftiger, als gerade Frankreich derzeit die mili­

tärische Macht hatte, um jede ihm nicht genehme Hitler-Diktatur kurz und klein zu schlagen. Mussolini ist auch in seiner auswärtigen Politik sehr viel klüger als Hitler. Er verfügt über eine doch immerhin starke und modern aus­

gerüstete Armee. Seine Lage ist insofern viel günstiger wie die jedes deutschen Staatsmannes, als Italien ein völlig souveräner Staat ist, in dessen innere Fragen sich keine fremde Macht einmischen kann. Trotzdem hat sich Mussolini ge­

hütet, die faschistische Staatsneubildung mit vorzeitigen äußeren Feindschaften zu belasten. Endlich hat sich aber Herr Hitler auch noch mit der römischen Kirche verfeindet, welche gerade in Bayern ganz sicher nicht beiseite geschoben werden kann.

Die Sowjetregierung konnte also den Mißerfolg einer Hitler-Erhebung ebenso sicher vorausberechnen, wie ich ihn vorausgesehen habe. Wie gut der bolschewistische Gegenschlag auf den Zusammenbruch der nationalen Erhebung in Deutschland vorbereitet und organisiert war, geht aus den zahlreichen kom­

munistischen Waffenfunden der letzten Tage deutlich hervor.

Ganz besonders hoch willkommen mußte es der Sowjetregierung sein, wenn es gelang, E. E. in die Hitler-Politik zu verwickeln. Es liegt mir grund­

sätzlich fern, von den Toten anders als Gutes zu reden. Ich halte es aber für meine Pflicht, zu sagen: Ich bin heute mehr als. je überzeugt, daß Herr von Scheubner-Richter*), bestenfalls ohne es zu wissen, von bolschewistischen Agents Provokateurs vorgeschoben war.

*) Teilnehmer des Hitler-Putsches, am 9. 11. 1923 an der Feldherrnhalle in Manchen erschossen.

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E. E. werden sich erinnern, daß ich E. E. am 18. November vorigen Jahres wörtlich geschrieben habe: „Wenn E. E. mit Herrn Hitler gehen wollen, dann werden Sie auf Gedeih und Verderb mit Ereignissen verbunden sein, die im allerbesten Fall dazu führen, daß E. E. als heimatloser Flüchtling in der Fremde irren.” Leider Gottes ist diese meine Voraussage durch die Ereignisse gerecht­

fertigt worden. Es ist wie ein Wunder, daß E. E. noch unter den Lebenden weilen.

Als ich letzthin mit E. E. sprach, hatte ich den Eindruck, daß E. E. meine Warnungen als die eines alten Freundes, der niemals der Treue gegen E. E. er­

mangelt hat, doch hören wollten.

Wir sprachen im vorigen Jahre auch von der damals bevorstehenden Ruhrbesetzung und davon, daß deren Endergebnis kein anderes sein könne, als der zwangsläufige Zusammenschluß zwischen dem französischen Erz und der deutschen Kohle. E. E. waren mit mir der Ansicht, daß wir diese unvermeid­

liche Entwicklung mit Ruhe abwarten müßten. Dieser unsrer damaligen Auf­

fassung haben die Ereignisse ebenfalls Recht gegeben. Die vor kurzem unter­

schriebenen Verträge zwischen den Franzosen und den deutschen Schwerindu­

strien bringen zunächst die Arbeit im Ruhrgebiet wieder in Gang. Sie sind pro­

visorisch und müssen zwangsläufig, wie aus der beigefügten schwerindustriellen Zeitung hervorgeht, die Bildung des französisch-deutschen Industrieblocks zur Folge haben. Zugleich aber steigt, wie ich ebenfalls vorausgesehen habe, gerade durch diese Entwicklung die Spannung zwischen England und Frankreich. Wir kommen in die glänzende Position des Spielers, der die letzte Karte ausspielt und dessen Karte deshalb als Trumpf sticht. Der Augenblick kommt, in dem E. E. Feldherrn-Genie für unser armes Volk alles wert sein könnte, wenn sich E. E., wie ich dringend geraten habe, abwartend und, ohne sich weder für noch gegen Frankreich und weder für noch gegen England zu äußern, im Hintergrund gehalten hätten. Statt dessen haben E. E. durch Ihr offenes Zusammengehen mit Hitler sowohl Ihre internationale wie auch Ihre deutsche Position selbst zerstört.

Schon vorher hatten E. E. nach meinem Gefühl nicht glücklich operiert.

Zunächst waren E. E., wie ich vermute, aus Rücksicht auf Herrn Hitler und seine Anhänger mit der Entente immer mehr auseinander gekommen. Obgleich ich E. E. gegenüber nie meine Überzeugung verhehlt habe, daß der passive Widerstand zu keinem Erfolg für Deutschland führen könne, und obgleich E. E.

selbst meine Ansicht teilten, daß der Versuch eines aktiven Widerstandes gegen Frankreich derzeit mit einer schweren militärischen Niederlage für uns enden müsse, haben sich E. E. in der Zeit des passiven Widerstandes wiederholt ostentativ gegen Frankreich herausgestellt. Die Tatsache, daß E. E. mit der Entente auseinanderkamen, mußte aber zur Folge haben, daß auch E. E.

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