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Bestandsgliederung

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III. Das Archivgut

14. Bestandsgliederung

Grundlage der Bestandsbildung ist heute in den meisten Archiven das Provenienz- oder Herkunftsprinzip, demzufolge das bei

einer bestimmten Behörde, Einrichtung oder Einzelperson erwach­

sene Dokumentationsgut im Archiv in einem diesem ‘Registraturbild­

ner’ vorbehaltenen Bestand oder Fonds zusammengefaßt wird. In der Theorie müßten somit im vollständigen Beständeplan eines Staats­

archivs zunächst alle Behörden des Zuständigkeitsbereichs erscheinen, die jemals archivwürdiges Schriftgut produziert haben; dazu gesellen sich die ins Archiv gelangten nichtstaatlichen Provenienzen. Der Pro­

venienzgrundsatz oder ‘respect des fonds’ wurde in Frankreich, Eng­

land, aber auch in einigen deutschen Archiven schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts formuliert und angewandt. Als archivi- sches Grundprinzip hat er sich dann seit der Jahrhundertwende allge­

mein durchgesetzt. Ein Stichjahr liefert die verbindliche Vorschrift für die preußischen und niederländischen Staatsarchive 1896/97, wenn­

gleich die Einführung einer durchgehenden Provenienzgliederung in manchen Archiven noch weitere Jahrzehnte auf sich warten ließ. Der entscheidende Vorteil der Bestandsbildung auf der Grundlage des Pro­

venienzgedankens ist die Gewinnung relativ klar abgegrenzter, in sich abgeschlossener Einheiten, in denen das ins Archiv gelangte Schrift- und Dokumentationsgut unter weitgehender Wahrung des ursprüng­

lichen Organisations- und Registraturzusammenhangs von der Kom­

petenz der jeweiligen Stelle her erschlossen werden kann. Das gilt auch dann, wenn der Provenienzzusammenhang - wie das in einigen Archi­

ven für moderne Behördenablieferungen üblich ist - nur noch auf dem Papier, in der Kartei oder im Findbuch, nicht in der tatsächlichen Lage­

rung rekonstruiert wird.

In begründeten Ausnahmefällen, bei nur bruchstückhafter Überlie­

ferung oder bei behörden- und registraturmäßigen Überschneidungen, werden gelegentlich noch heute zusammengefaßte Bestände gebildet.

Andererseits mußten auch die vor der Entwicklung des Provenienz­

prinzips formierten Mischbestände in vielen Fällen beibehalten werden. Mischbestände dieser Art konnten entstehen, wenn die Sach­

gruppen einer zentralen Behördenregistratur, die das Rückgrat eines werdenden Archivs bildeten, mit Schriftgutabgaben anderer Behörden angereichert wurden. Bis ins 19. Jahrhundert hat man dann an verschie­

denen Stellen versucht, das aus unterschiedlichen Verwaltungen ins Archiv gelangte Schriftgut ohne Rücksicht auf seine Herkunft, nach dem Sachinhalt, der sogenannten Pertinenz, in ein umfassendes Sachschema einzubauen, ein Verfahren, das zwar für sachthematische Fragestellungen reizvoll erschien, das aber mit seinen schwer über­

schaubaren Sachgruppen für Ordnung und Erschließung zumeist kaum überwindbare Probleme bot.

Bestandsgliederung 47 Die Einzelbestände, Fonds oder Mischbestände werden in größeren

‘vielzelligen’ Archiven zu Bestandsgruppen oder Abteilungen zusam­

mengefaßt. Möglichkeiten für gliedernde Einschnitte liefert einmal die historische Chronologie, wobei geschichtliche Epochenjahre für die archivische Gliederung im allgemeinen nur da von Interesse sind, wo sie zugleich Einschnitte in der Territorialentwicklung oder in der Verwaltungs- und Registraturorganisation markieren. Wichtige Ab­

schnitte bilden für die meisten deutschen Archive die territoriale und administrative Neuordnung der napoleonischen Zeit (1803/1815) und der Umbruch des Jahres 1945, Einschnitte, die im wesentlichen auch bei der für die Archive der ehern. DDR vorgeschriebenen Bestandsglie­

derung nach Gesellschaftsepochen (Feudalismus/Kapitalismus/Sozialis- mus) zugrunde gelegt wurden. Weitere Gliederungskriterien bieten für die älteren Bestände die Territorialverhältnisse, für die neuere Zeit die Verwaltungsorganisation, die Zusammenfassung von Behörden eines Fachbereichs oder auch einer Instanzenstufe. Auch außerhalb des staat­

lichen Archivguts ist eine Gliederung nach herkunftsmäßigen Gruppen möglich und üblich, so daß kommunale und kirchliche Bestände, Ver­

einsarchive, Familienarchive und Nachlässe jeweils eine Gruppe bilden, soweit sie nicht in einer Gesamtabteilung ‘nichtstaatliche’ oder ‘sonstige Bestände’ zusammengestellt werden. Dient die Gruppierung der Be­

stände in manchen Archiven nur dazu, die Tektonik des Archivs in der Beständeübersicht deutlich werden zu lassen, so ist sie in größeren Archiven vielfach zugleich Grundlage des Organisationsplanes, so daß den einzelnen Bestandsgruppen organisatorisch und zum Teil sogar räumlich abgesonderte Abteilungen des Archivs entsprechen.

Die Unterscheidung nach den verschiedenen Typen archivali­

scher Überlieferung hat sich nur teilweise und in wechselndem Ausmaß auf die Bildung und Gruppierung der Bestände ausgewirkt.

Urkunden, Akten und Amtsbücher einer Herrschaft oder Behörde werden in vielen Archiven zumindest verzeichnungsmäßig in einem Provenienzbestand zusammengefaßt, auch da, wo sie aus technischen Gründen unterschiedlich gelagert werden. Dem Sinn des Provenienz­

gedankens wird sicher am besten Rechnung getragen, wenn Urkun­

den, Akten, Amtsbücher und soweit vorhanden auch Pläne, Bild- und Tongut, d. h. der gesamte dokumentarische Niederschlag einer Be­

hörde oder Herrschaft in einem Bestand und unter einer Bestands­

signatur vereinigt sind. Andere Archive haben jedoch oft schon früh besondere Urkunden- oder auch Amtsbuchabteilungen gebildet, in denen die Urkunden oder Amtsbuchgruppen teilweise ohne Rücksicht auf ihre Provenienz in chronologischer oder topographischer Ordnung

auf gestellt wurden. Häufiger noch ist eine Zusammenfassung des Materials nach der Überlieferungsform bei Karten und Plänen, bei Bildmaterial, Plakaten oder Tonträgern, Bestandsgruppen, in denen vielfach auch echtes Archivgut mit ergänzendem Sammlungsgut zu­

sammengeführt wurde.

Abschnitte über Bestandsbildung und Tektonik der Archive finden sich bei G. Enders, Archivverwaltungslehre, 31968, in Archivwesen der DDR. Theorie und Praxis, und in den übrigen Handbüchern der Archiv­

wissenschaft. Zur Geschichte und Definition des Provenienzprinzips vgl. B. Schwineköper, Zur Geschichte des Provenienzprinzips, in: For­

schungen aus mitteldeutschen Archiven, Festschrift H. Kretzschmar (Schriftenreihe der staatl. Archivverwaltung 3), 1953, S. 48-65; E. Pos­ ner, Max Lehmann and the genesis of the Principle of Provenance, in: Ar­

chives and the public interest, 1967, S. 36-44; J. Papritz, Grundfragen der Archivwissenschaft, in: ArchZs 52,1956, S. 127-67; Hetland van her­

komst. Een bundel van artikelen rond het herkomstbeginsel, hrsg. P. J.

Horsman, J. P. Sigmond, ’s-Gravenhage 1984.

Für die Problematik der Bestandsbildung bei nach Pertinenz gebil­

deten Mischbeständen: J. Hartmann, R. Engelhardt, Zur Frage der Anwendung des Provenienzprinzips auf Urkundenbestände, in: Arch­

Mitt 14, 1964, S. 97-107; K. Dülfer, Ordnung und Verzeichnung an Per­

tinenzen und Provenienzen im Staatsarchiv Marburg, in: Archivar 16, 1963, Sp. 229-44; Ch. Cordshagen, Ordnungsarbeiten an Pertinenzbe- ständen im Mecklenburgischen Landeshauptarchiv Schwerin, in: Arch­

Mitt 13, 1963, S. 134-38; M. Kohnke, Die Pertinenzbestände im Dt.

Zentralarchiv, Abt. Merseburg. Geschichte, Struktur und archivarische Bearbeitung, ebd. 14, 1964, S. 223-31.

Zu den vielschichtigen praktischen Fragen der Bestandsbildung auf der Grundlage des Provenienzprinzips u. a.: F. Beck, Bestandsbil­

dung und Bestandsabgrenzung im brandenburgischen Landeshauptarchiv Potsdam, in: ArchMitt 14, 1964, S. 53-61; H. Jaeger, Ordnungspro­

bleme bei den Aktenabgaben der modernen staatlichen Behörden, in:

Mitt. f. d. Archivpflege in Bayern, Sonderheft 8 (Festgabe Zittel) 1972, S. 127-42; H. Dahm, Behördenprovenienz und Ressortprovenienz. Ein Arbeitsbericht über die Bestandsabgrenzung im Ministerialarchiv Nord­

rhein-Westfalen, in: Archivar 16,1963, Sp. 219-30; E. G. Franz, Ressort­

provenienz und Verwaltungsstruktur, ebd. 26, 1973, Sp. 389-96; Ord- nungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der DDR, 1964 (Abschnitte Bestandsgliederung, Bildung und Abgrenzung der Bestände); dazu: H. St. Brather und H. Lötzke, Begründungen und Erläuterungen . . ., in: ArchMitt 16, 1966, S. 125-29.

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