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DET KONGELIGE BIBLIOTEK

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UBER

DIE BESICHTIGUN6 DER 6EFAN6ENENPLATZE IN

DURCH AB0RDNUN6EN DES DÅNISCHEN ROTENIKREUZES.

KOPENHAØEN ORUCK VON J. H. SCHULTZ A-6

SUR

LES VISITES DES CAMPS DE PRISONNIERS EN RUSSIEIET EN ALLEMA6NE I PAR DES DÉLÉGATIONS DE LA CROIX ROUGE

IBHHHÉIL DANOISE . I I BHILI t

1

COPENHAGUE 1018 : IMPRIMERIE DE J. M. SCHULTZ, SOCIÉTÉ ANONYME

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USSLAND I

B E R I C H T E

JBER DIE BESICHTIGUNG )ER GEFANGENENPLÅTZE

I N D E U T S C H L A N D U N D I N R U S S L A N D

DUHCH ABORDNUNGEN DES DÅNISCHEN ROTEN KREUZES

K O P E N H A G E N

D R U C K V O N J . H . S C H U L T Z A - G 1916

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H A F N I E N S I S

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INHALTSVERZEICHNIS.

Seite

1. Einleitung 5

'2. Schreiben des Kapitiins zur See F. Drechsel und des Fraulein von Passow an das danische

Rote Kreuz 9

3. Abschrift eines Schreibens von Kapitån zur See F Drechsel an den Herrn Prasidenten des

russischen Roten Kreuzes 10

4. Ubersicht iiber die Erfahrungen, die von den Abgeordneten, Kapitån zur See F. Drechsel und von Fraulein von Passow bei ihren Besuchen in den Gefangenenlagern gemacht worden sind 15 o. Schreiben aus Taschkent vom 5. Novbr. 1915 von Kapitån zur See F. Drechsel an das da­

nische Rote Kreuz 21

G. 15 Berichte von Kapitån zur See F. Drechsel und von Fraulein von Passow 22 7. Schreiben aus lloskau vom 2. Decbr. 1915 von Kapitån zur See F. Drechsel an das danische

Rote Kreuz 31

8. 4 Berichte von Kapitån zur See F. Drechsel und von Fraulein von Passow 32

(12)

'

(13)

1 .

E1NLEITUNG.

Anlåsslich eines von dem russischen Roten Kreuze an das dånische Rote Kreuz ergangenen Ersuchens babe ich der Endesunterzeichnete, Konferenzrat DITHMER, im Namen des dånischen Roten Kreuzes und als Direktor dessen Kriegsgefangenenab- teilung, im verstrichenen Sommer mit den betrefEenden Autoritåten Verhandlungen iiber die Aussendung dånischer Delegierter gepflogen, damit diese in Deutschland und Russiand Besichtigungen der daselbst befindlichen Kriegsgefangenenlager mit Kriegs- gefangenen von dem anderen Lande vornehmen konnten.

Daraufhin kam im August v. J. zwischen den Roten Kreuzen in Berlin und Pe­

trograd eine Vereinbarung iiber die Grundsåtze fiir die vorgenannten Besichtigungen zu Stande; diese Grundsåtze wurden von der deutschen wie von der russischen Regierung genehmigt und lauten wie folgt:

GRUNDSÅTZE

fiir die Entsendung von Abordnungen durch das dånische Rote Kreuz zur Besichtigung der Gefangenenplåtze in Deutschland und in Russiand.

I.

Das dånische Rote Kreuz wird im Einvernehmen mit dem deutschen und dem russischen Roten Kreuze und mit Zustimmung der deutschen und russischen Regierung je drei Delegierte nach Deutschland und nach Russiand entsenden, um die Lager, Kranken- håuser, Gefångnisse und sonstigen Plåtze zu besichtigen, wo Kriegsgefangene des anderen Landes untergebracht sind, sowie tunlichst auch wo sich Zivilgefangene oder in ihrer Freiheit beschrånkte Zivilpersonen dieses Landes befinden.

Die fiir Deutschland bestimmten Delegierten werden von drei Schwestern des russischen Roten Kreuzes, die fiir Russiand bestimmten Delegierten von drei Schwestern des deutschen Roten Kreuzes begleitet sein.

II.

Die Besichtigungen durch die Abordnungen werden regelmåssig in der Weise er- folgen, dass je ein Delegierter mit einer Schwester zusammen reist.

(14)

Die Auswahl der Reisewege und der zu besichtigenden Plåtze steht den Abord- mingen frei. Doch werden sie sich tunlichst nach den Wunschen des Roten Kreuzes des-

jenigen Landes richten, in dessen Interesse die Reise unternommen wird.

Sollte eine Unterbrechnng der Reise sich als notwendig erweisen, so kann sie jederzeit wiederaufgenommen werden.

III.

Den Abordnungen wird in beiden Låndern auf Grund eines von der dortigen zuståndigen Stelle auszufertigenden Ausweises der ungehinderte Zutritt zu den Gefan- genen und Festgehaltenen gestattet werden. Auch wird es den Abordnungen iiberlassen sein, sich mit den Gefangenen in ihrer Muttersprache ohne Ohrenzeugen in personlichen Angelegenheiten zu unterhalten, ihre Wiinsche entgegenzunehmen und Adressen ihrer Angehdrigen aufzuschreiben oder entsprechend vorgedruckte Karten ausfiillen zu lassen.

Die Abordnungen diirfen aber weder Briefe noch sonstige schriftliche Mitteilungen flir die Gefangenen oder von ihnen entgegennehmen.

IV.

Den Abordnungen ist es gestattet, Gelder und Liebesgaben unter Beriicksichti- gung der dafiir allgemein geltenden Bestimmungen unter die Gefangenen und Festge­

haltenen zu verteilen.

Das Geld diirfen sie den Gefangenen personlich iibergeben oder durch einen Ver- trauensmann aus deren Mitte verteilen lassen, und zwar an den einzelnen Offizier bis zu 50 Rubel = 100 Mark und an den einzelnen Mann bis zu 10 Rubel = 20 Mark.

Die Liebesgaben werden nach Massgabe des Artikel 16 der Haager Landkriegs- ordnung zoll- und frachtfrei befordert.

V.

Die Abordnungen sind befugt, photographische Apparate zur Aufnahme der Gefangenen und ihrer Unterkunftsplåtze ein- und auszufiihren, photographische Auf- nahmen in dem bezeichneten Umfang in Gegenwart einer Aufsichtsperson zu machen und die Aufnahmen wie såmtliche die Gefangenen und ihre Behandlung betreffenden Aufzeichnungen bei der Riickreise mitzunehmen.

VI.

Die mit der Aufsicht iiber die Gefangenen betrauten Personen werden den Ab­

ordnungen in jeder Beziehung behilflich sein.

Die Abordnungen sind berechtigt, den Aufsichtspersonen ihre Beobachtungen mitzuteilen.

Die Abordnungen werden, soweit es die Verhåltnisse gestatten, bei ihren Besich- tigungen von einem Offizier gefiihrt werden.

VII.

Die Befdrderungsmittel werden den Abordnungen in dem Lande, in dem die Besichtigungen stattfinden, kostenlos zur Verfiigung gesteilt. Die iibrigen Kosten werden von dem Lande getragen, in dessen Interesse die Reise stattfindet.

(15)

7 VIII.

Uber die Besichtigungen werden von den Abordnungen schriftliche Berichte erstattet, die nach Beendigung der Reisen dnrch Vermittlung des dånischen Roten Kreuzes sowohl dem deutschen wie dem russischen Roten Krenze zur Verfiigung ge- stellt werden.

IX.

Sobald die vorstehenden Grundsåtze das Einverståndnis des deutschen und des russischen Roten Kreuzes sowie die Zustimmung der deutschen und der russischen Regierung gefunden haben, wird, und zwar tunhchst gleichzeitig, mit den Besichtigungen b ego nnen werden.

Die flir die Aufsicht iiber die Gefangenen und Festgehaltenen zuståndigen Stellen werden von diesen Grundsåtzen unverziiglich in Kenntnis gesetzt.

Als dånische Delegierte wurden sodann;

Kapitån zur See a. D. C. F. DRECHSEL, Oberst a. D. S. MEYER und

Oberst a. D. G. MUUS

zur Besichtigung der deutschen Gefangenenlager in Russiand gewåhlt, und zur Besich- tigung der Gefangenenlager in Deutschland folgende:

Konsul ERIK S. HENIUS,

Kapitån a. D. der Marine C. v. SPÅTH und Kapitån z. D. der Marine L. TVERMOES.

Zur Begleitung der 3 ersteren Herren wurden gewåhlt:

Gråfin A. von UXKULL-GYLLENBAND, Fråulein M. von WALSLEBEN und Fråulein E. von PASSOW

und schliesslich zur Begleitung der 3 letzteren Herren:

Frau N. ORJEWSKY, Frau C. SAMSONOFF und Fråulein P. KASEM-BEG.

Am 3. September v. J. wurden die delegierten Herren von Seiner Majeståt dem Konig von Danemark empfangen, ebenso wie die deutschen Damen, dann die russischen, die erst spåter in Kopenhagen eintrafen, von Ihrer Majeståt der Konigin empfangen wurden.

Nachdem ich bei den Besprechungen mit je einer der beiden Delegationen meine Bemerkungen iiber die ihnen gegebenen Auftråge gemacht, und die dadurch aufkommenden

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an mich gerichteten Fragen beantwortet hatte, reiste am 4. September v. J. die eine Dele­

gation nach Russiand ab mit Kapitån zur See Drechsel als wortfiihrender Leiter den Be- horden gegeniiber, am 12. September die andere nach Deutschland, mit Konsul Henius als Leiter.

Da der Kapitån Tvermoes von dem dånischen Marineministerium gewåhrte Urlaub am 15. Oktober ablief — die Abreise nach den Gefangenenlagern in Deutschland war spåter erfolgt, als wir von vornherein Grund hatten anzunehmen — und der Urlaub aus dienstlichen Grunden nicht verlångert werden komite, trat Oberstleutnant E. de Mylius an seine Stelle, und der Oberstleutnant nahm dann die Besichtigung der noch nicht besuchten Lager auf der Route Kapitån Tvermoes' vor.

Nach erledigtem Auftrag traf die Delegation von Deutschland Mitte November v. J. in Kopenhagen ein, und nachdem Kapitån zur See Drechsel und Fråulein v. Passow nunmehr ebenfalls hier eingetroffen sind, haben diese die unten folgenden Berichte iiber die von ihnen besuchten deutschen Gefangenenlager in Russiand abgeliefert. Die Be­

richte der iibrigen Delegierten in Russiand werden spåter folgen.

Die von Kapitån zur See Drechsel und Fråulein v. Passow erstatteten Berichte sind endgiiltig in deutscher Sprache abgefasst und untetschrieben und sodann von einem beeideten, autorisierten Dolmetscher ins Franzosische iibersetzt. Aber die Delegierten wiinschen nun natiirlich zu betonen, dass sie nur fur den Inhalt der Berichte in der deut­

schen, von ihnen 'persdnlich unier schriebenen Ahjassuncj auf kommen.

Die Kriegsgefangenenabteilung des dånischen Roten Kreuzes.

Kopenhayen, den 29. Februar 1916.

DIT H MER.

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Kopenhagen, d. 24. Januar 1916.

An das ddnische ROTE KREUZ,

Kopenhagen.

Hierdurch erlauben wir uns, einen von uns beiden imterschriebenen Bericht iiber misere Reise in Russland zur Besichtigung der Verhåltnisse der Zivilgefangenen, Kriegsgefangenen und Gefangenen in den Hospitålern deutscher Nationalitåt einzusenden.

Schwester ERICA von PASSOW.

F. DRECHSEL.

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8.

An das ROTE KREUZ in Petrograd.

An

Seine Exzellenz den Herrn Prdsidenten.

Als neutrales Mitglied der Abordnung, die entsendet worden ist, nm deutsche Gefangenenlager in Russiand zu besuchen, habe ich gemeinsam mit der deutschen Schwe- ster Fri. v. Passow die Gefangenenlager in Siidrussland und Turkestan besucht.

Nach Beendigung dieses Besuchs in Petrograd wieder eingetroffen, erlaube ich mir das Rote Kreuz in Petrograd zu bitten, das von mir im Folgenden Angefiihrte zur Kenntnis der russischen Autoritåten bringen zu wollen.

Hier folgen die Namen der von uns in der Zeit vom 22. September—28. November 1915 besuchten Lager:

Als Totaleindruck meiner Besuche erlaube ich mir anzufiihren, dass die Behand- lung der deutschen Gefangenen weder schlecht noch unmenschlich ist. Es sind zwar, wie man im Folgenden sehen wird, in gewissen Beziehungen Mangel vorhanden, u. z. fast iiberull dieselben. Diese sind jedoch in der Regel Folgen der von hoheren Autoritåten fest- gesetzten Verordnungen, konnen somit nicht von den Lagerkommandanten abgeåndert werden. Wo man aber Mangel gefunden hat, denen abzuhelfen im Bereiche der Kom­

mandanten lag, haben diese fast alle versprochen, die notwendigen Schritte zur Einfiih- rung der gewiinschten Verbesserungen vorzunehmen. — Besonders in Turkestan hat man der Kommission in dieser Beziehung grosses Entgegenkommen erwiesen.

MOSKAU WJASNIKI

WYJESDNAJ-SLOBODA ARSAMAS

BALACHNA

NISHNIJ-NOWGOROD INSAR

PENSA SARATOW SYSRAN SAMARA

ALTOTSKY-LAGER ORENBURG

TASCHKENT TROIZKOE OSCH GULTSCHA KATA-KURGAN ASTRACHAN WOLSK ATKARSK URALSK.

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11

Was die humane Verwaltung der Lager betrifft, hat aber das Lager in Astrachan zu besonderen Bemerkungen Anlass gegeben. Es finden sich hier 2 Lager, 1 fiir Offiziere, 1 flir Gemeine, grosstenteils Oesterreicher. An Deutschen waren hier nnr 2 Offiziere und 56 Gemeine. Sie haben sich iiber die ihnen zu Teil gewordene Behandlung heftig beschwert, und diese als Offizieren unwiirdig bezeichnet.

Ohne auf die Einzelheiten ihrer Klagen naher einzugehen, werde ich mich be- gniigen festzustellen, dass diese mir wohlbegriindet erschienen. Ich habe mich daher an Seine Exzellenz, General Sokolowski, den Gouverneur fiir Astrachan gewendet, der mich sehr entgegenkommend empfangen hat und mir versprochen, die Klagen zu priifen und, wenn moglich, Verbesserungen einzufiihren.

Auch das Lager bei Ugresch in der Nåhe von Moskau gibt Anlass zur Besorgnis.

Das Lager hat als Lager betrachtet einen provisorischen Charakter, weil die Gefangenen nur kiirzere Zeit, in der Regel nur einige Wochen, auf dem Wege nach ferneren Lagern, in demselben verbleiben. Nach Aussage der Gefangenen und nach den wenigen Beobach tungen, die meine Abordnung hat machen konnen, sind die Zustånde in diesem Lager, besonders was die Kost und die Behandlung der Gefangenen betrift't, sehr bedauerlich. Ohne dieses bestimmt feststellen zu konnen, erlaube ich mir dem Roten Kreuz anheimzustel- len, die Regierung dazu veranlassen zu wollen, die Verhåltnisse in diesem Lager eine eingehende Priifung zu unterziehen.

Noch ein Lager, Kata-Kurgan in Turkestan bildet eine Ausnahme. — Das Klima ist hier so schlecht, dass fast alle die deutschen Offiziere an der Malaria erkrankt sind, der dann oft Magen- und Nierenkrankheiten folgten. Im ganzen sind hier 900 Gefangene an Krankheiten gestorben, zum grossten Teil Oesterreicher, und die 30 deutschen Of­

fiziere, die sich jetzt in dem Lager befinden, sehen sehr schwach aus. Es wird fiir ihre Ge- sundheit gefåhrlich sein, noch einen Sommer in Kata-Kurgan bleiben zu miissen.

Nach Aussage der gefangenen Militårårzte wird das Fieber von Insekten verur- sacht, die in den grossen Ueberschwemmungen der Reis- und Baumwollenfelder leben. Da es nicht moglich ist, diese Quelle des Fiebers zu beseitigen, bleibt wohl nur iibrig, dieses Lager zu råumen, was sehr zu empfehlen wåre. Sollte man jedoch eine solche Råumung nicht fiir moglich halten, muss man wenigstens die Gefangenen dieses Lagers ziemlich håufig wechseln lassen.

Bis auf die von mir soeben erwåhnten Ausnahmen glaube ich die Lager unter allgemeineren Betrachtungen zusammenfassen zu k5nnen u. z. unter Gesamtbezeich- nungen wie: Wohnung, Kost, Kleidung, Gesundheit der Gefangenen, Post u. s. w.

1. Die Wohnungen sind fiir die gemeinen Soldaten Baracken oder Kasernen, bestimmt fiir russische Soldaten in Friedenszeiten. Die Offiziere sind in Kasernen, Schulen u. s. w., jedoch gewohnlich in Kasernen untergebracht.

Der erste Eindruck von den Wohnungen ist nicht gunstig. Als Betten haben die Gefangenen nur grosse Holzpritschen, in 2 Etagen geordnet, ohne Teppich. Nim muss man aber bedenken, eine wie grosse Anzahl Gefangener hier in Betracht kommt, sowie ferner dass man den russischen Soldaten keine weitere Bequemlichkeiten bietet. Es scheint -somit nicht moglich, den Gefangenen in dieser Beziehung bessere Bedingungen zu verschaften, konnte man ihnen aber nur iiberall eine gute Strohmatte als Unterlage geben, oder wenigstens an-Plåtzen, wo es im Winter kalt ist, einen Teppich, wiirden die Wohnungen sehr dadurch gewinnen, und es wiirde gegen sie als Wohnungen fiir Kriegs- gefangene nichts einzuwenden sein.

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2. Die Kost.

Die Kostfrage ist ohne Zweifel die wichtigste fiir den Unterhalt der Kriegsge- fangenen, zugleich aber die schwierigste, weil sie die grossten pekuniåren Ausgaben er- fordert. Die Frage gilt mir den Gemeinen, da die Offiziere ihren Gehalt von der deutschen Regierung festgesetzt bekommen.

Im Anfang war die Kost in den von mir besuchten Lagern sehr gut und durchaus hinlånglich. Ohne auf die einzelnen Verordnungen iiber die Auslieferung von Lebens- mitteln einzugehen, nur so viel hiervon: Wåhrend vom Ausbruch des Krieges bis Mårz 1915 tåglich % niss. Pfund Fleisch und 3 Pfund Brot, ^ Pfund »Kascha« und Gemiise, sowie Thee 3 mal tåglich auf jeden Gefangenen kam, wurde die Fleischration in Mårz auf *4 Pfund herabgesetzt, es wurde weniger Gemiise und statt der bisherigen 3 Pfund Brot nur 2 Pfund verabreicht. In Juni erfolgte eine nochmalige Reduzierung, nunmehr auf 14 Pfund Fleisch, dagegen blieb die Brotration ungeåndert dieselben 2 Pfund. In Turkestan hat man den Thee morgens beibehalten, aber ausserhalb Turkestan in den von mir besuchten Lagern, hat man ihn abgeschafft, und die Gefangenen bekommen hier nur heisses Wasser morgens.

Wåhrend die erste Verordnung vollståndig geniigte, gewåhrt die letztgenannte keineswegs hinreichende Nahrung, besonders nicht, wenn man bedenkt, dass die Ge­

fangenen oft sehr hart, von Moigen bis Abend, sowohl bei grosser Hitze wie auch bei sehr kaiter Witterung arbeiten miissen. Die grosse Sterblichkeit unter den gefangenen Soldaten ist zum Teil der ungeniigenden Kost zuzuschreiben.

Sogar die hoheren russischen Aerzte, die mir begegneten, waren dieser Meinung, und Aenderungen, besonders eine Erhohung der Fleischration, scheinen durchaus notwendig zu sein.

3. Die Kleidung.

Fast alle Gefangenen, die ich gesehen, trugen dieselben Kleider, in denen sie ge- fangen genommen waren. Viele dieser Kleidungsstiicke waren sehr abgenutzt, und sehr oft hatten die Gefangenen keinen Mantel. Ein Mantel ist, besonders wenn man in der Nacht keinen Teppich hat, fast unentbehrlich. In Turkestan wird dem Gefangenen jeder Mangel in seiner Kleidung ersetzt, der nicht durch seine Fahrlåssigkeit verursacht ist. Man hat daher auch in einigen Lagern in Turkestan Schuster- und Schneiderwerk- ståtte zur Ausbesserung der Bekleidung eingerichtet; es ist dies eine okonomisch sehr praktische Einrichtung. Eine Erneuerung der Kleidungsstiicke ist in Gegenden, wo Winterkålte herrscht, dringend notwendig.

4. Der Gesundheitszustand der Gefangenen.

Der Gesundheitszustand der Gefangenen war zur Zeit, wo wir sie besuchten, recht gut, in der schlechten Jahreszeit aber haben wiederholt heftige Krankheiten ge- wiitet, besonders Malaria und Typhus, mitunter auch Cholera und Flecktyphus. In den ndrdlichen Gegenden sind Typhus und Diphtherie die vorherrschenden Krankheiten.

Mitunter treten dieselben epidemisch auf, was jedoch zur Zeit unserer Besuche nicht der Fall war.

Zweifelsohne entstehen diese Krankheiten zum grossen Teil infolge Unvorsich- tigkeit der Gefangenen.

Wie man weiss, ist die BeschafEenheit des Wassers von grossem Einfluss auf die Gesundheit. Man hat daher in den meisten Gefangenenlagern gekochtes Wasser, hat aber trotzdem feststellen konnen, wie die Gefangenen ungekochtes Wasser trinken, weil das gekochte einen iiblen Geschmack hat. Auch Unvorsichtigkeit anderer Art kommt vor.

Von eben so grosser Wichtigkeit wie die Ernåhrungsfrage, die von mir als sehr

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wichtig fiir die Gesundheit erwahnt worden ist, ist die Reinlichkeit in den Lagern wie unter den Gefangenen. In dieser Beziehung sind die VerhåUnisse in fast allen Lagern sehr schlecht. In den meisten, besonders in den n5rdlichen, findet man sehr viel Ungeziefer, und nach Aussage der Aerzte ist dies die Ursache vieler Krankheiten. Wie schwer Rein­

lichkeit durchzufiihren ist, wo viele Leute in beschrånktem Raum gesammelt sind, ist wohl- bekannt. Man weiss jedoch von den Verhåltnissen an Bord der Kriegsschiffe, dass Reinlichkeit sich bei streng eingehaltenem System durchfiihren lasst.

In den Lagern sind Waschschiissel nicht in geniigender Anzahl vorhanden, und es fehlt auch an hinreichenden Mengen von Wasser. Badeanstalten sind ebenfalls selten, in einigen Lagern ist man jedoch jetzt im Begriff, solche zu banen. Seife und Handtiicher sind auch selten vorhanden.

Wenn auch Massnahmen, wie Anschaffung von Waschbecken u. s. w., die ans Reinlichkeitsriicksichten zu treffen sind. Kosten verursachen, werden andererseits in- folge der grosseren Reinlichkeit, wenigere Krankheiten und grosseres Wohlbefinden der Gefangenen entstehen, was wiederum Ersparnisse an Hospitalsauslagen bedeutet.

Um aber von diesen Massnahmen Vorteil ziehen zu konnen, miisste die Rein­

lichkeit der Gefangenen obligatorisch sein, u. z. durch eine Parade jeden Morgen kontrol- liert werden.

Was die Krankenhåuser betrifft, sind diese in der Regel gut, dies gilt auch der von den Lagern selbst errichteten; die Aerzte klagten jedoch sehr iiber Mangel an Medizin. Wir haben auch bei miseren Besuchen feststellen konnen, dass die Latrinen oft schlecht und weit von den Kranken entfernt angebracht sind, was nach dem, was man uns berichtet hat, in mehreren Fallen verhångnisvoll gewesen ist.

5. Die Post.

Man klagt uber die Langsamkeit der Expedition von Briefen und Geldsendungen aus Deutschland.

RESUM EE.

Wie man aus diesem Bericht ersehen wird, findet man meines Erachtens in den besuchten Lagern Fehler von grosser Bedeutung, wie zum Beispiel die Unzulånglichkeit der Kost.

Es ist dies eine der wichtigsten Fragen fiii die Gesundheit der Gefangenen, wie auch in humaner Beziehung. Verbesserungen sind durchaus notwendig, um die grosse Sterblichkeit in den Lagern zu hindern.

Die russische Regierung hat als Grund der grossen Herabsetzung der Rationen der deutschen Gefangenen angefiihrt, dass in Deutschland den Gefangenen nicht mehr Nahrung geboten werde, als jetzt in Russiand der Fall, und ferner, dass man in Russiand mit der Behandlung der Gefangenen in Deutschland iiberhaupt unzufrieden sei. Mir personlich sind die jetzigen Verhåltnisse in Deutschland in dieser Beziehung un- bekannt, ich glaube aber mich nicht zu irren, wenn ich sage, dass es — besonders infolge der grossen Anzahl Gefangener mehrerer Nationen in Deutschland — Deutschland un- moglich sein wird, die Gefangenen in einer Weise zu ernåhren, die man befriedigend nennen komite, wåhrend in Russiand Vorråte in Menge vorhanden sind.

In Betracht dieser Verhåltnisse, erlaube ich mir als vollkommen unparteiisches Mitglied, Eure Exzellenz zu bitten, der russischen Regierung anheimstellen zu wollen, ihre

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Bestimmungen iiber die Ernahrung der Gefangenen in Russiand nicht von den Mengen derLebensmittel, die man den Gefangenen in Deutschland verabreicht, abhångig zu machen.

Ich bitte Sie im Gegenteil anempfehlen zu wollen, dass man den Gefangenen in Russiand hinlångliche Kost gibt, falls man sich, entvveder durcb den Bericht der neutralen Delegierten iiber ihre Reise in Deutschland, oder anderweitig davon iiberzeugt, dass man in Deutsch­

land sein Bestes tut, nm die Lage der Gefangenen zu bessern, und dass die Behandlung der russischen Gefangenen in Deutschland keinerlei Anlass zu Klagen in Bezug auf Hu- manitåt gibt.

Ganz abgesehen von der Ernåhrungsfrage lassen sich mit geringem Aufwand grosse Mangel beseitigen. Es handelt sich um folgendes:

1. Gewåhre Thee morgens in allen Lagern wie augenblicklich in Turkestan.

2. Einen Teppich fiir jeden der Gefangenen, .besonders bei kaiter Witterung, oder jeJenfalls einen Mantel flir jeden einzelnen.

3. Geniigende Waschbecken, in denen die Gefangenen sich waschen konnen, und obligatorische Massnahmen zur Befdrderung der Reinlichkeit.

4. Wo moglich Massnahmen zur Besserung der Briefbeforderung.

5. Den Kranken mehr Medizin und bessere Latrinen, wo dies erforderlich ist.

6. Was die Zivilgefangenen betrifft, die meine Abordnung besucht hat, sind diese nunmehr, Dank den Komiteen, die es jetzt gibt, iiberall gut untergebracht. Es herrscht jedoch unter diese Gefangenen, die grosstenteils Greise, Frauen und Kinder sind, die den Transport und die Einsperrung nicht haben vertragen konnen, grosse Niedergeschlagen- heit.

Es wåre sehr zu wiinschen und zugleich eine humane Massnahme, wenn Russiand das Wohlwolien zeigen wiirde, Greise, Frauen und Kinder nach Deutschland zuriick- zusenden, sobald die Jahreszeit es erlaubt, und ich erlaube mir sehr energisch diesen Vorschlag zu den oben von mir angefiihrten hinzuzufiigen.

Bevor ich diesen Bericht schliesse, bitte ich das Rote Kreuz der Regierung meinen Dank flir die Hilfe aussprechen zu wollen, die man der Abordnung geleistet, indem man ihr einen Offizier der russischen Armee attachiert und ihr im asiatischen Russiand, in Gegenden, wo es keine Hotels gibt, einen besonderen Waggon zur Verfiigung gesteilt hat.

Ferner mochte ich das grosse Entgegenkommen erwiihnen, welches von Seiten der Kommandanten und der Offiziere in den besuchten Lagern meiner Abordnung entge- gengebracht worden ist.

Indem ich die Verwirklichung der von mir in diesem Bericht gemachten Vor- schlåge empfehle, und Eure Exzellenz bitte das Rote Kreuz in Kopenhagen von dem Resultat verståndigen zu wollen, welches das Rote Kreuz in Petrograd durch seine Hinwendung an die russische Regierung diesen Bericht betreffend erreicht, bitte ich Eure Exzellenz von meiner Hochachtung versichert zu sein.

Petrograd, den 9. Dezember 1915.

(gez.) C. F. DRECHSEL.

(23)

15

4.

BERICHT AN DAS DÅNISCHE ROTE KREUZ VBER DIE BESICHTIGUNG DER VON PASSOW-DRECHSEL BESUCHTEN ZIVILGEFANGEN EN LAGER,

28 GE FANGEN EN LAGER UND 25 HOSPITALER IN RU SSL AND.

In dem beifolgenden von Drechsel nnterschriebenen, bereits verfassten Bericht, der wiihiend miseres Anfenthalts in Petrograd an das russische Rote Kreuz abgegeben wurde, und mit dem unterzeichnete Schwester von Passow einverstanden ist, sind speziell die verschiedenen Massregeln hervorgehoben, die getroffen werden miissen, nm die Lage der deutschen Gefangenen zu verbessern, und um die grosse Sterblichkeit unter ihnen zu vermindern.

Unter Hinweis hierauf und auf den beigelegten Spezialberichten wollen wir jetzt iiber die Yerhaltnisse in den von uns besuchten Lagern noch eingehend berichten, sowie auch iiber die Besichtigung der Hospitaler, welche teilweise allein von Schwester von Passow mit dem uns attachierten russ. Offizier besucht word en sind.

In Petrograd besuchten wir nur das Nikolai-Hospital, in welchem sich deutsche und osterreichische Soldaten befanden. Das Hospital macht einen guten Eindruck, die Raumlichkeiten sind sauber, gross und luftig. Die Schwestern werden von den Kranken sehr gelobt; das Essen ist auch gut. Leider diirfen die Leute nicht an die Luft, auch nicht die Aerzte.

In Moskau haben wir nur zwei Krankenhåuser besucbt, da die iibrigen von den anderen Deputationen besichtigt wurden. Hospital 4 war mit einer Anzahl Deutschen und Oesterreicher belegt, sowie das Kriegshospital »Lefertowo«. Die Unterkunft daselbst ist befriedigend, die Verpflegung leidlich, die sanitåren und årztlichen Verhåltnisse massig, die Wårter sehr schlecht.

Es sei bemerkt, dass die Behandlung der Russen die gleiche ist, wie die der Deut­

schen, Oesterreicher und Ungaren.

Infolge der Erkrankung des Herrn Kommandeur Drechsel's besuchte unterzeich­

nete Fråulein v. Passow allein einige Gefangenenlager zuerst mit unserem russischen Begleitoffizier, spåter in Begleitung eines dånischen Vertreters, Herrn Ingenieur Berg aus Moskau.

In Nishnij-Nowgorod besuchten wir eine Anzahl Hospitaler. In dem als gut bekannten Hospital 30 waren ausser den russischen Verwundeten nur Oesterreicher und Ungaren untergebracht, wåhrend die deutschen Kranken in den anderen weniger guten Hospitålern verpflegt wurden. Ueber die Behandlung ist nichts besonders zu bemerken.

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sie ist gleich die, die den russischen Verwundeten zu Teil wird, mir dass es den Ge- fangenen nicht gestattet ist, das Krankenhaus zu verlassen,

Auf einem alten, ziemlich verfallenen Schloss werden ausser einem Arbeitskom- mando die zum Transport nach Sibirien bestimmten Gefangenen gesammelt. Die Råume sind nnfrenndlich, geben aber anderseits auch nicht Veranlassung zu besonderen Be- merkungen, nur ist hier meist die Belegung viel zu gross.

In Saratow besuchten wir zum ersten Mal Zivilgefangene. 1,000 Ostpreussen und ca. 1,200 Deutsch-Russen, die in verschiedenen Asylen, zu ca. 200—300 Personen untergebracht sind. Es befindet sich darunter eine grosse Anzahl Kinder und Greise im Alter bis zu 85 Jahren. Die Sorge fiir den Unterhalt der Leute liegt jetzt in den Hånden eines Hilfskomitees, an deren Spitze die beiden lutherischen Pastoren stehen. Dasselbe erhålt die Mittel zu seiner Tåtigkeit von dem amerikanischen General-Konsulat in Moskau fiir Rechnung der deutschen Regierung. Zur Zeit ist die Lage der Gefangenen ertråg- lich, um so mehr, da es in Saratow den Zivilverschickten erlaubt ist, Arbeit in der Stadt anzunehmen, die zwar sehr willkurlich bezahlt wird. Das Komitee beabsichtigte den Leuten binnen kurzem die notigen Wintersachen zu verschaffen. Wir hinterliessen etwas Geld, damit das Komitee fiir die so elend und blassaussehenden Kinder Milch kaufen konnte. Von der Zeit der Ankunft der Gefangenen, bis die Asyle errichtet, und das Hilfs- komitee organisiert worden war, waren die Verhåltnisse derselben trostlos. Die Sterb- lichkeit unter ihnen war sehr gross. Viele Kinder starben an Entkråftung und Lungen- entzundung. Typhus und Masern grassierten unter ihnen. Die Leute konnten ihr Leben nur dadurch fristen, dass sie bettein gingen. Man fragt sich immer und immer wieder, ans welchem Grunde wohl die russische Regierung sich selbst solche Last auferlegt und die militårisch doch vollig ungefåhrlichen Menschen durch die Verschleppung und Zuriick- haltung in Not und Elend bringt.

In Saratow besuchten wir noch die Hospitaler 99, 121, 119 und 97, wo die Unter- kunft und Verpflegung dieselbe war, wie in den vorgenannten, nur durften die Kranken im Hospital 99 keine Briefe in deutscher, sondern nur im franzosischer und englischer Sprache schreiben.

In Sysran besuchten wir ein Offizierslager. Wir mochten hier noch erwåhnen, dass die gefangenen Offiziere ausser einer Bettstelle mit Matratze keinerlei Mobiliar, noch Decken p. p. geliejert erhalten, wie es in Deutschland der Fall ist; sie miissen sich alles fiir eigene Rechnung anschaffen, und ist deshalb jeder Weitertransport, der bekanntlich sehr håufig eintritt, mit erheblichen finanziellen Opfern fiir sie verbunden. Die Bewegungs- freiheit der Offiziere ist seit dem Friihjahr beschrånkt. Wåhrend sie sonst mit Konvoi spazieren gingen, diirfen sie jetzt die meist ziemlich engen Hofe der Kasernen nicht ver- lassen.

Auf unsere Bitte wurde uns meist zugesichert, dass die Offiziere von jetzt an 2 mal die Woche je 2 Stunden unter Begleitung zu 6 in der Stadt spazieren gehen und Be- sorgungen machen durften.

In ScLTYicLra waren die Verhåltnisse in den Hospitålern fast wie iiberall an den anderen Plåtzen. Zivilverschickte sind dort nur wenige. Auch fiir sie wird jetzt gesorgt, und der katholische Pfarrer verhandelte mit dem bestehenden Komitee betrefts Anschaf- funcf von Wintersachen, wozu man Geld aus Moskau erhalten hatte. In Samara diirfen die Verschickten arbeiten.

Von Orenbury sind die meisten Zivilgefangenen in die anderen Gouvernements abgeschoben, nur vereinzelte befinden sich noch in der Stadt. Es ist ganz unverståndlich, weshalb diese håufigen Evakuationen stattfinden.

Die Militårgefangenen sind in Orenburg in einer sehr schlechten Kaserne unter-

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17

gebracht. Es waren z. Zt. unseres Besuches sehr wenige Deutsche dort; dieselben hielten sich in einem zur ebenen Erde liegenden, mit einem Kachelofen versehenen Raum auf.

Wir fiirchten aber, dass derselbe im Winter sehr feucht, kalt und dumpfig sein wird.

Nun kommem wir zu dem Hauptziel unserer Reise »Turkestan«.

Wenn auch die Behandlung im allgemeinen in Turkestan keine schlechte ist, und die Gefangenen eine gewisse Freiheit geniessen, so ist die Bekostigung ebenso ungeniigend, wie anderswo, nur dass den Leuten hier Thee und Zucker geliefert wird. Was niitzt es aber, wenn die Leute auch besser behandelt werden und doch in solchen Massen sterben!

Welche sind nun dieGriinde dieser grossen Sterblichkeit? Wir wollen hier auf diesen Punkt besonders eingehen. Wir glauben, die grosse Steiblichkeit erklårt sich, wie unterzeich- neter Drechsel schon besonders betont hat, aus der gånzlich falschen Art der Er nåh rung sowie auch aus der Unterernåhrung der Gefangenen, wodurch sie dem turkestanischen Sommer zum Opfer fallen. Die Hitze in Turkestan steigt bis auf 70 Gr. Cel., und selbst Russen halten den Aufenthalt dort nicht durch mehrere Jahre ohne Unterbrechung aus. Es ist klar, dass die Leute, noch dazu, wenn sie, wie es im verflossenen Sommer der Eall war, in den Baum- wollenkulturen, am Romanow-Kanal und in anderer Weise schwere Arbeit teilweise ohne Schutz gegen die Sonne verrichten miissen, zu Grunde gehen. In der Tat war und ist die Sterblichkeit der Gefangenen selbst nach Aufhebung der Arbeiten in den Baum- wollenkulturen eine erschreckend grosse, wie der Friedhof in Taschkent, auf dem viele Tausende begraben liegen, schlagend beweist. In den heissen Monaten betrug die durch- schnittliche tågliche Zahl der Sterbefålle auf 1,000 Lazarettkranke ca. 30—40, jetzt in der guten Jahreszeit ca. 10. —Verschlimmert wird die Lage der Gefangenen noch durch den Mangel an geeigneter Medizin, so dass, wenn keine Aenderung vorgenommen wird, viele dem Tode oder allmåhlichem Siechtum verfallen werden.

Diese Zustånde konnen wir nicht scharf genug brandmarken und nicht dringend genug bitten, dass Massregeln ergriffen werden, um dieselben zu verbessern. Wenn die Gefangenen den im Mårz—April beginnenden Sommer bei dieser Bekostigung und ohne Medikamente in Turkestan verbringen miissen, muss damit gerechnet werden, dass noch ein weiterer Teil derselben sterben wird. Das nunmehr erlassene Verbot gegen Arbeit in den Baumwollenkulturen und am Romanow-Kanal geniigt in keiner Weise, um die Verhåltnisse wesentlich zu bessern. Nach Riicksprache mit verschiedenen Pers5n- lichkeiten, welche die turkestanischen Verhåltnisse aus langjåhrigen Erfahrungen kennen, mochten wir dringend empfehlen, dass die Råumung des westlichen Turkestans von der russischen Regierung veranlasst wird, und die Gefangenen nach Russiand selbst odei in die ganz gesunde Gegend von Semirjetschensk z. B. nach Wjernij gebracht werden.

Låsst dieses sich nicht erreichen, miissen die Gefangenen unbedingt wie die in Turkestan wohnenden Russen ernåhrt und behandelt werden und miissen eine dem dortigen Klima angepasste Bekleidung erhalten, besonders ist dieses fiir die Sommermonate April bis Oktober erheissen. Die Kost muss ånders zusammengesetzt werden, unddarf nicht, wie jetzt, die gleiche sein, wie die in den iibrigen nordlicheren Gegenden Russiands. Es ist notwendig, dass ein tiichtiger, neutraler Arzt fiir Turkestan gewonnen .vird, der zusammen mit i ussi- schen Aezten die Gefangenenkost festsetzen und gleichzeitig die unbedingt notwendigen Medi­

kamente, die dort jetzt (/anz/tc/i fehlen, und die angeschafft weiden miissen. verwalten kann.

Anfangs April bis Oktober von l'H'hr morgens bis nachmittags 5Uhr diirfen die Ge­

fangenen zu keinerlei Arbeit herangezogen werden. Wenn es unvermeidlich ist, Arbeiten durch dieselben verrichten zu lassen, so hat es friih morgens oder in den spåten Nach- mittagsstunden zu geschehen, wåhrend die Gefangenen in der Mittagszeit unbedingt Ruhe haben miissen. — Auch diirfen sie unter keinen Umstånden in den Baumwollenol- Pressereien, Reinigungs- und Entkernungsfabriken beschåftigt werden, wie dies, laut

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der uns kiirzlich zugegangenen Nachrichten derFallsein soli. Diese Arbeiten werden ohne jeden Zweifel bewirken, dass dieLeute inaerhalb kurzerZeit infolge des in den Reinigungs- und Entkernungsfabriken herrschenden Staubes und der Hitze, sowie des in den Oel- pressereien vorhandenen Schmutzes, zu Grunde gehen.

Um auch die guten Seiten hervorzuheben, wollen \\ir betonen, dass die Bewe- gungsfreiheit der Gefangenen in Taschkent eine Annehmlichkeit bedeutet. Die Kase^nen- hofe, in denen sie sich aufhalten konnen, sind gross; auch sahen wir haufig dieLeute frei in der Stadt herumgehen und Einkåufe machen. Jedoch ist die Freiheit der deutschen Gefangenen lange nicht so gross, wie die der Oesterreicher und Ungaren, von denen die Offiziere vollig frei in der Stadt leben und auch in Zivil spazierengehen diirfen.

Es wurde uns gesagt, dass binnen kurzem alle die deutschen Gefangenen in den neu hergerichteten, 30 Werst von Taschkent entfernt gelegenen Truppeniibungsplatz, das Troizky-Lager, iibergefiihrt werden wiirden.

In diesem Lager sind die sanitåren Verhaltnisse sehr schlecht, und die Sterblich- keit ist erschreckend gross; waren doch auf dem Friedhof dieses Lagers, welches erst 6 Wochen bestand, 650 von uns gezåhlte Gråber verstorbener Kriegsgefangenen, und hierzu kommt noch der israelitische Kirchhof. Angesichts der Belegung; ca. 6,700 Mann spricht diese Zahl eine beredte Sprache. Da die Latrinen von den Lazaretten 100—200 Schritte entfernt liegen, miissen die Darmkranken, undumsolche handelt es sich meistens, in ihrer leichten Kleidung diesen weiten Weg zuriicklegen, was besonders bei der nachts herrschenden Kålte fiir Fiebernde fast totlich ist. Die Aerzte sagten uns, dass in der Tat viele auf dem Wege ohnmåchtig zusammengebrochen sind. Es miissen deshalb in den Lazaretten Stechbecken angeschafft werden. Die Baracken, in denen die Kranken liegen, hatten zum Teil noch keine Fenster. Eine Pfiege besteht flir die Kranken iiber- haupt nicht. Die osterreichischen Aerzte, die auch die Gefangenen behandeln, sind leider nicht selbståndig genug in ihrer Arbeit; sie diirfen Scheine ausstellen, um die Erkrankten von der Arbeit zu befreien, sind aber leider machtlos, wenn solche Scheine von den rus- sischen Aerzten ohne Erkliirung wieder zerrissen werden. Der russische Arzt sagte uns wortlich: Wie soli ich die Kranken zu Kraften pflegen, wenn ich bei Anforderung von 400 Flaschen Milch nur 200 geliefert bekomme?

Angesichts der Tatsache, dass Milch in Turkestan nur schwer erhiiltlich ist, miissen den Kranken dicke, nahrhafte Suppen verabfolgt werden, oder sie miissen in klimatisch

besseren Orten untergebracht werden.

Ausser Darmerkrankungen, Typhus und Malaria, sowie Nierenentziindung gras- siert in Taschkent die Lungentuberkulose in erschreckender Weise. Dieses ist zweifellos auf den Staub, die trockene Hitze und die ungeeignete Kleidung zuiiickzufiihren, wodurch die Gefangenen sich bei den schwankenden Temperaturen leicht Erkåltungen zuziehen.

Es miissen unseres Erachtens von Deutschland unbedingt Liebesgaben anderer Zusam- mensetzung als die nach dem nordlichen Sibirien geschickt werden.

Auf den schlechten Gesundheitszustand des Lagers in Kata-Kurgan ist schon besonders hingewiesen. Es muss entschieden darauf hingewirkt werden, dass dieses Lager ganz aufgehoben wird. Von 37 gesunden Offizieren starben 7, und 22 waren an Malaria erkrankt. In diesem Lager war die Aufsicht mit der Bewachungsmannschaft eine sehr mangelhafte. Bei naherer Untersuchung des uns begleitenden russ. Offiziers vom Tasch- kenter Generalstab ergab sich, dass der russ. Unteroffizier viele Unregelmåssigkeiten begangen hatte. Unter anderem liess derselbe sich von den gefangenen Offizieren das Wasser bezahlen, auch ergab eine nåhere Untersuchung, dass 4 gefangene Offiziere wegen angeblichen Holzdiebstahls zu Unrecht in Arrest gesessen hatten, da dieser Unteroffizier falsche Angaben gemacht batte.

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In Astrachan besuchten wir wieder eine grosse Anzahl Zivilverschickter. In dem gegeniiber der Stadt gelegenen Ort Vorpost waren ca. 200 Ostpreussen in Asylen untergebracht, meist alte Månner, Frauen und Kinder der arbeitenden Klasse. Die Leute werden von dem Hilfskomitee unterhalten, es geht ihnen in materieller Beziehung nicht schlecht, sie sind wenigstens vor der åussersten Not geschiitzt; auch fiir entsprechende Winterkleidung war gesorgt, aber seelisch leiden sie sehr, schon deswegen weil sie keinerlei Verbindung mit der Heimat haben, und dieses um so mehr fiihlen, da ihnen auch die Stiitze der Seelsorge vollkom men fehlt, und man ihnen nicht einmal erlaubt, in die Kirche nach Astrachan zu gehen. — Auch in Astrachan selbst besuchten wir zusammen mit einem Mitglied des Hilfskomitees und einem Vertreter der Polizei die dortigen ca. 200 Ost­

preussen, und eine grosse Anzahl Zivilverschickter sahen wir in miserer Wohnung. Diese Leute werden von dem Hilfskomitee in geniigender Weise unterhalten. Es sei ausdriick- lich hervorgehoben, dass es den Zivilverschickten und den Ostpreussen hier streng ver- boten ist, sich zu irgendeiner Arbeit zu verdingen.

Auch in Krasnojar, wo vor 1,000 Ostpreussen 366, also iiber 33 p. Ct. gestorben sind, waren åhnliche Verhåltnisse, vielleicht waren hier alle Massregeln der Polizei noch strenger und schiirfer wie irgend wo sonst. Es war streng verboten, deutsch zu sprechen, da die Leute aber gezwungen sind, ihre Einkåufe pers5nlich zu machen, und doch nur deutsch sprechen konnen, sitzt immer eine grosse Anzahl der Ostpreussen, aus diesem Grunde, im Gefångnis. Neueidings ist von dem Hilfskomitee eine Volkskiiche eingerichtet, in der die Ostpreussen gespeist werden. In einem besonderen Asyl waren 15 Kinder unterge­

bracht, die teils ohne Eltern verschleppt waren, oder deren Eltern in der Gefangenschaft gestorben sind. Sie stehen imter der Obhut zweier Ostpreussinnen.

Die Stimmung der alten Leute war eine ausserordentlich niedergedriickte;

sie konnen nicht begreifen, warum man sie zuruckhålt und gehen, ganz abgesehen von den materiellen Entbehrungen, allmahlich durch den Kummer und die ungewohnten Verhålt­

nisse zu Grunde. Wir haben schon friiher bemerkt, dass in dem Gouvernement Astrachan die Behandlung schlecht ist.

In Petrograd hatten wir Gelegenheit von Ihren Majestiiten, der Kaiserin und der Kaiserin Mutter empfangen zu werden, konnten auch die Bitte anbringen, sich den Ostpreussen annehmen zu wollen und dieselben in die Heimat zu entlassen.

Abschliessend mochten wir unser Urteil dahin zusammenfassen, dass die Lage der Zivilverschickten sich im Laufe der Zeit nicht unwesentlich verbessert hat.

Seit der Einrichtung von Hilfskomiteen, leider besteht in Uralsk, ein solches nicht, und seitdem die Unterstiitzungsgelder der deutschen Regierung durch das amerika- nische Generalkonsulat, ziemlich regelmåssig einlaufen, ausgenommen in Uralsk, sind die Zivilverschickten von der åussersten Not bewahrt.

Schlecht ist noch immer die Lage der Ostpreussen, da diese, mit Land und Leuten vollig unbekannten Menschen, sich nicht in die neuen Verhåltnisse hineinfinden konnen, um so mehr, da es in der Hauptsache alte Leute, Frauen und Kinder ist. Auf ihre Riick- befdrderung muss deshalb der allergrosste Wert gelegt werden.

Was die Militdrgejangenen betrifft, so geht es denselben, so lange sie in den Lazaietten Russiands sind, ganz gut. Jedenfalls kann man insofern Russiand keinen Vorwurf machen, da es die Leute fast uberall in genau derselben Weise behandelt, wie seine eigénen Verwundeten.

\V ir miissen nur noch bemerken, dass in religioser Hinsicht fast nichts fiir die Gefangenen getan wird, und dass diese Frage noch besonders geregelt werden muss. Auch mochten wir bitten dass eingelangte Sendungen religioser Blicher bald moglichst den Ge­

fangenen ausgeliefert werden.

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Im iibrigen hat sich aber das Los der Militårgefangenen in erschreckender Weise verschlechtert. Wåhrend sie bis zum Friihjahr 1915 jedenfalls in Bezug auf Ernåhrung nichts auszustehen hatten, jedoch nnter den klimatischen Unbilden des sibirischen Winters und des turkestanischen Sommers, sowie teilweise auch unter schlechter Behandlungund den Unterknnftsverhaltnissen litten, ist seitdem ihre Lage durch die wesentlich reduzierte Ernåhrung ausserordentlich traurig geworden.

Was insbesonders das von uns besuchte Turkestan betrifft, so hat der verflossene Sommer in furchtbarer Weise unter den Gefangenen aufgeråumt. Die Entsendung der Gefangenen in den Gegenden Westturkestans und besonders nach Plåtzen wie Buchara, Askabats und Krasnowosk usv, sowie ihre Heranziehung dortselbst zu Arbeiten im Freien wahrend der heissen Tageszeit und ohne geniigenden Schutz gegen die Sonne ist der sichere Tod. Wenn auch die Lage der Leute jetzt wåhrend der guten Jahreszeit besser ist, als im verflossenen Sommer, so bedingt die Nahrung, welche von der russischen Regie­

rung gleichmåssig fiir das nordliche Sibirien und das tropische Turkestan festgesetzt worden ist, mit Sicherheit eine grosse Gesundheitsschådigung. Es muss deshalb unbe- dingt noch vor dem Eintritt der nåchsten heissen Jahreszeit im April dafiir gesorgt werden, dass die Leute von Turkestan moglichst fortkommen, entweder nach anderen Gegenden Russiands oder nach dem ostlichen Turkestan.

Wenn dieses nicht zu erreichen ist, muss

1) die Nahrung der Gefangenen den klimatischen Verhaltnissen entsprechend angepasst werden,

2) die Kleidung dem Klima entsprechen,

3) unter allen Umstanden die Heranziehung der Gefangenen zu Arbeiten wahrend der heissen Tageszeit und wahrend des ganzen Jahres in den Fabriken eingestellt werden.

Geht die russische Regierung auf unsere Bitten und Vorschlage nicht ein, so darf man sich der Tatsache nicht verschliessen, dass von den Gefangenen, und zwar in aller erster Linie von denjenigen, hauptsåchlich Oesterreichern und Ungaren, die noch immer im westlichen Turkestan untergebracht sind, mir eine Minderheit die Heimat wiedersehen wird.

Kopenhagen, 24. Januar 1916.

(gez.) Schwester ERICA von PASSOW. (gez.) DRECHSEL.

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5.

Taschkent, den 5. November 1915.

An

Das dånische Rote Kreuz, Bureau fiir Kriegsgefangene,

Kopenhagen.

Mit der Post hente von Taschkent nach Moskan erlanbe ich mir die Berichte 1—15 iiber unsere Besnche in den Gefangenenlagern bis Ende Oktober an das Rote Kreuz in Kopenhagen zu iibersenden.

Unterdiesen Berichtensind vier (1—4) von derSchwester vonPassow, dievier Lager allein besucht hat, und vier (5—8) von einem dånischen Ingenieur in Moskau, Herrn Berg, der so liebenswiirdig war mich zu vertreten wåhrend einer Krankheit, die mich in der ersten Zeit der Expeditionsreisen in Moskau zuriickhielt. Herr Berg hat mir personlich diese Berichte erstattet.

Spåter, wenn ich nach Kopenhagen zuriickkehre, werden detaillierte Berichte mit den Antworten der Gefangenen auf die Fragen, die wir ihnen gestellt, folgen, sowie auch Berichte iiber unseie Besnche in den Krankenhåusern und der Gesamtbericht der drei Delegierten, die die russischen Gefangenenlager besucht haben.

Hochachtungsvoll (gez.) F. DRECHSEL.

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6.

BERICHT V B E R BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN MOSKAU.

Den 22. September 1915.

In der Nåhe von Moskan befindet sich eine Eisenbahnstation Ugresky. Dieselbe ist eine Art Sammelstelle, von wo ans die Gefangenen in die verschiedenen Gefangenenlager ubergefiihrt werden. Auf dieser Sammelstelle sind die Einrichtungen recht måssig. Die ]jeute liegen auf Holzpritschen ohne Stroh oder irgend etwas, haben kein Essgeschirr, keine Decken und keine Handtiicher. Morgens erhalten sie heisses Wasser, mittags Suppe mit einem Stiickchen Fleisch. Kost sowohl wie Unterbringung lasst viel zu wiinschen iibrig.

Schwester ERICA von PASSOW.

BERICHT V B E R BESUCH IN DEM KRIEGSGEFANGEN EN LAGER IN WJASM1KE.

Den 24. September 1915.

Eine gut gebaute luftige Kaserne auf einer Anhohe gelegen mit einem hiibschen Blick auf das Land. Die Gefangenen 236 Reichsdeutsche, haben dort eine gewisse Freiheit.

Sie wohnen, wie iiberall, in einem grossen Raum, schlafen auf Holzpritschen auf einer Strohmatte, sie haben weder Decken, noch Handtiicher, noch Essgeschirr. Jeder Mann kommt alle 14 Tage zum warm Baden in die Stadt. 25 der Gefangenen gingen zur Arbeit, Marktund Strassen fegen usw., sie erhalten dafiir tåglich 25 Kopeken und 1 Brodchen. Der Waschraum war sehr gut, 2 grosse Kessel zum Kochen der Wåsche waren vorhanden. Das Essen wurde gelobt, nur gab es keinen Thee oder Kaffee, morgens heisses Wasser. Die Latrinen-Verhåltnisse waren recht schlecht. Im ganzen herrschte in diesem Lager eine freundliche Stimmung, die Leute machten Musik und vertrieben sich die Zeit durch kleine Schnitzereien usw.

In allem waren hier 250 Mann.

Schwester ERICA von PASSOW.

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BERICHT V E E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN NISHNIJ- NOWGOROD.

Den 27. September 1915.

Das alte Schloss.

Das alte Schloss ist mit Deutschen und Oesterreichern belegt, und zwar fur die Råumlichkeiten zu stark. Auch klagen die Leute iiber zu knappes Essen, vor allem sind die Suppen zu diinn. Morgens und abends erhalten sie nur heisses \\ asser, miissen aber den ganzen Tag arbeiten. Als ich dort war, soliten 150 Mann nach Sibirien transportiert werden, sie waren vollkommen ungeniigend fiir die schon kalte Witterung gekleidet, auch hatten sie teilweise gånzlich zerrissenes Schuhzeug.

Schwester ERICA von PASSOW.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN BALACHNA.

Den 28. September 1915.

Liegt ungefahr 30 km von Nishnij-Nowgorod entfernt. Es befandeu sich zur Zeit meines Besuches 500 Reichsdeutsche doit, keine andere Gefangenen. Sie waren in 3 verschiedenen Gebiiuden untergebracht, teils alte Kasernen, eins war ein altes Bauern- haus. Die Gebiiude waren schon alt und machten einen filisteren, unfreundlichen Ein- druck. Es herrscht iiberhaupt die grosste Unzufriedenheit. Die Leute klagten iiber die Behandlung sowie iiber das Essen. Sie wurden zur Arbeit gezwungen, erhielten dafiir nur etwas Brot und Thee. Die Strafen waren hart und nach Aussage der Gefangenen un- gerecht, ganz der Willkiir der russischen Soldaten unterworfen. Eine beliebte Strafe war:

mit beschwerten Sandsåcken 2 Stunden stehen und nach 1 Stunde Pause, nochmals 2 Stunden. Die Zimmer waren zu eng belegt. Decken und warmere Unterkleider waren nicht vorhanden. Fiir Postkarten, welche allgemein mit ^2 ^P- bezahlt werden, mussten in diesem Lager 3 Kp. von den Leuten gezahlt werden. Viel Ungeziefer war vorhanden.

Schwester ERICA von PASSOW.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN W Y J E S D N A J A SLOBODA BEI ARSAMAS.

Den 4. Oktober 1915.

Die Gefangenen (Deutschen und Oesterreicher) sind in der Kosakkenkaserne un­

tergebracht, die warme und bequeme Lokalitåten bietet.

Beziiglich des Essens waren die Deutschen damit unzufrieden, dass die Zube- reitung den Oesterreichern iiberlassen war. Die Frage wurde aber auf unsere Veranlas-

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sung dahin geregelt, dass zukiinftig zur Hålfte auch die Deutschen in der Zubereitung des Essens teilnehmen soliten.

Viele von den Gefangenen waren ohne Måntel, aber die Administration hatte sich schon die Namen der BetrefEenden gemerkt, nm beim Eintritt der kaiten Witterung die Mangel abzuhelfen. In dieser Verbindung muss bemerkt werden, dass die russischen Sol­

daten sich mit ihren Månteln zudecken.

Alle Gefangenen waren dariiber sehr unzufrieden, dass man laut Befehl aus Pe­

trograd ihnen den Thee oder Kaffee undZucker entzogen hatte und ihnen anstatt nur heisses Wasser morgens gab. Selbstverståndlich steht es den Gefangenen frei fiir eigenes Geld sowohl Thee wie Zucker zu kaufen, da aber die meisten Deutschen nur vor kuizem ein- getrofEen waren, hatten nur die wenigsten die Mittel dazu.

Es ist absolut nicht richtig, dass die Gefangenen beim Geldwechseln nur 15 (fiinf- zehn) Kopeken fiir eine Mark in Silber von dem Kasnatscheistwo (Abteilung der Reichs- bank) erhalten, nm so mehr als fiir Papiergeld 30 Kopeken fiir eine Mark gegeben werden.

Im Lager waren 124 deutsche Soldaten und keine Offiziere. Sechs Mann hiervon waren leicht er krankt und deswegen im Hospital untergebracht.

Epidemische Krankheiten waren nicht vorhanden. Im allgemeinen, wie auch die Antworten in dem beigelegten Fragebogen angeben, war die Behandlung wie auch die Unterkunft befriedigend, was einem korrekten und entgegenkommenden Auftreten seitens des diensttuenden russischen Offiziers zugeschrieben werden kann.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT TIBER DEN BESUCH IN ZWEI KRIEGSGEFANGEN EN LAGER IN DER STADT ARS AM AS.

Den 4. Oktober 1915.

Diese beiden Lager befinden sich in den Raumen friiherer Traktierlokalen. In dem einen Lager waren 70 Mann, im anderen 56 Mann ausser den osterreichischen Ge­

fangenen. Von Offizieren waren hier keine.

Die Raume waren fiir ihren Zweck passend, und die Gefangenen beklagten sich hauptsåchlich dariiber, dass sie morgens heisses Wasser bekommen. Uebrigens bestand das Essen, wie in den anderen Lagern aus 2 Mahlzeiten: Mittag um 12 Uhr (Griitze und Suppe) und Abendessen um 7 Uhr (Suppe). Die Ration besteht aus *4 Fleisch und 2 Pf. Schwarzbrot. Einige Gefangene wurden mit Wald- und Strassenarbeiten be- schåftigt. Der Lohn ist 25 Kopeken fiir Schwarzarbeiter und bis 50 Kopeken fiir Fach- leute. Auszahlung wochentlich.

Die Lager sind unter derselben Aufsicht wie das Lager in W3gesdnaja Sloboda, und alles ist deswegen auch hier ebenso befriedigend.

Schwester ERICA von PASSOWr. F. DRECHSEL.

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BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEF ANGEN EN LAGER IN DER S T A D T I N S A R .

Den 5. Oktober 1915.

Das Lager liegt in der Stadt Insar 17 Verst von der Station Kadoschkiors. Es befindet sich in den Råumlichkeiten der rnssischen Kaserne, und geråde aus diesem Grund wird es in diesen Tagen geråumt, um Winterquartier fiir die rnssischen Rekruten zu schaffen. Im Lager waren 39 Soldaten und 1 Offizier.

Die Administration schenkt der Behandlung der Gefangenen nicht hinreichende Aufmerksamkeit, indem mehrere der Gefangenen sich iiber geschwollene Beine etc. be- klagten, ohne dass man sie ins Lazarett brachten. Es wurde dadurch erklårt, dass die Lazaretten schon zu stark besetzt waren. Deswegen ist es auch passiert, dass vor kurzem einer der Gefangenen im Lager selbst tot aufgefunden wurde.

Fernerhin erhalten die Gefangenen die von ihnen geleistete Arbeit nicht nach den festgesetzten Taxen bezahlt, sondern bekommen dann und wann etwas Tabak aus- geliefert, oder meistens gar nichts. Dieses bezieht sich auf Soldaten, welche in der Stadt oder deren Umgebung beschåftigt gewesen sind.

Sonstige Auskiinfte gehen aus dem Fragebogen hervor.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IN DEN KRIEGSHOSPITÅLERN IN P E N S A . Den 8. Oktober 1915.

In diesen waren 56 deutsche Soldaten untergebracht, von denen keine lebens- gefåhrlich krank waren. Die meisten waren verwundet. Ihre Lage war in jeder Hinsicht befriedigend und unterscheidet sich in nichts von der Behandlung der russischen kranken und verwundeten Soldaten.

Keine Operationen wurden vorgenommen, ohne dass vorher eine schriftliche Einwilligung des Betreffenden eingeholt war.

Die Hospitaler befinden sich in neuen Gebåuden, die auch zu Friedenszeiten von der Heeresverwaltung verwendet werden, und die Lage ist sehr gut, auf einem hohen Punkt mitten in einem Walde.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEF ANGEN EN LAGER IN S A R A T O W .

Den 10. Oktober 1915.

In dem Lager waren nur Offiziere, und zwar nur zwei deutsche Offiziere: Regi- mentsarzt Schreiber und Feldarzt Schwartz aus Darmstadt und Berlin — sonst Oester- reicher. Wie aus dem Sonderbericht hervorgeht, war die Unterbringung gut, nur waren

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zu viele Offiziere in einem Raum zusammen. Essen ausreichend, nur beklagt man sich wie iiberall dariiber, dass morgens kein heisser Thee oder Kaffee verabreicht wird, sondern nur heisses Wasser. Man findet das Trinkwasser schlecht, doch war der Gesundheits- zustand gut. Die Postverbindung ist sehr schlecht, und der Mangel an Geld sehr fiihlbar.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN S U S R A M . Den 14. Oktober 1915.

In diesem Lager war jetzt nur 69 Offiziere, die Unteroffiziere und Mannschaften waren nach Sibirien gefiihrt.

Obwohl wie der Sonderbericht zeigt, die in den Fragebogen gesteliten Bedingungen nicht erfiillt waren, muss das Quartier doch als recht zufriedenstellend bezeichnet werden.

Allenfalls waren die Offiziere verhåltnismassig zufrieden und sahen beinahe alle gesund aus. Dies kommt vielleicht grosstenteils davon, dass viele von den Offizieren von Plåtzen gekommen waren z. B. von Boinsk und Sengile, wo sie es viel schlimmer gehabt haben, und zwar nach ihren Beschreibungen sehr schlecht. Anfangs haben viele gar keine Bett- stelle gehabt usw. Obwohl man auch das Quartier hier in Siisram im ganzen als nicht fiir Offiziere passend bezeichnen kann, so hat doch jeder seine Bettstelle mit Unterlage, gute Tische, Beleuchtung und Heizung. Was man speziell als mangelhaft bezeichnen muss, ist, dass so viele Offiziere in einem Raum zusammen wohnen, und dass die Wasch- einrichtungen und Bequemlichkeiten so schlecht sind. Wenn man sich auch iiber das Essen beklagte, so muss doch errinnert werden, dass es nur gestattet ist jedem Offizier eine gewisse Summe nåmlich 28 R. 20 Kopeken auszuzahlen, und dass es den Offizieren iiberlassen ist, selbst fiir das Essen zu sorgen. Das Beklagenswerte dabei ist aber, dass das Geld so unregelmåssig bezahlt wird, und dass alles so teuer ist, dass es fast unmoglich ist fiir die gestattete Summe eine ausreichende Tageskost zu erhalten.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENEN LAGER IN SAM A R A . Den 15. Oktober 1915.

Das Lager ist wie dasj enige in Moskau eine Sammelstelle, von wo aus die Ge- fangenen in verschiedene andere Lager uberfiihrt werden. Zu der Zeit unseres Besuches waren nur wenige Kriegsgefangene da. Im ganzen kann beziiglich Einrichtung des Lagers und Installation der Gefangenen auf den Bericht fiir Moskau hingewiesen werden, da die Verhåltnisse hier den dortigen ganz åhnlich sind.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM TOSCKY LAGER.

Den 18. Oktober 1915.

Tosckv Lager liegt in der Nåhe von Toscky Eisenbahnstation, ist als russisches Barackenlager gebaut und kann 75,000 Mann beherbergen. Es besteht aus verschiedenen Abteilungen, einige Kilometer von einander entfernt.

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Das Lager ist auf Hohen belegen mit weiter Aussicht iiber die Steppen.

In diesem grossen Lager waren nur 5—6,000 Mann, und da von nur 150 deutsche Gefangene. Da das Lager fiir den Aufenthalt der Soldaten eingerichtet war, waren die Aufenthaltsråume deshalb zulånglich gross. Sie waren aber, wie es in den russischen Lagern gewohnlich der Fall ist, olme Bettstelle oder Unterlage, nur Holzpritschen olme Decke von Såcken oder Stroh. Spezielle Wascheinrichtungen waren nicht vorhanden. Die Leute wuschen sich ausserhalb der Baracken. In kurzem kann gesagt werden, dass alles hier wie in den meisten andern Lagern war, keine Decken fiir diø Leute, wenige Essgeråte usw., doch erhielten die Gefangenen hier Thee morgens. Viele von den Gefangenen miissten arbeiten, ohne doch Lohn dafiir zu erhalten. Die Bekleidung der Gefangenen war sehr schlecht. Sie gingen alle in den Kleidern, in welche sie gefangengenommen waren. Von Ungeziefer war sehr viel vorhanden.

Die verschiedenen Mangel wurden dem Lagerkommandanten bekanntgegeben, besonders was Bekleidung und Reinlichkeit anging. Er, ebenso wie die Offiziere, zeigten sich uns gegeniiber besonders zuvorkommend und behilflich. Er antwortete aber, dass die Gefangenen nicht ånders behandelt werden kdnnte als Russiands eigene Soldaten und nicht hohere Forderungen stellen konnten. Ubrigens war er von den finanziellen Be- willigungen, iiber welche er verfiigte, abhångig. Er hatte aber so viel wie moglich getan, um den Aufenthalt der Gefangenen so gut wie moglich zu gestalten, und hatte unter anderem Dampfbadeanstalten fiir die Gefangenen banen lassen. Eine solche Anstalt, die unter Ban war, wurde uns vorgezeigt, und dieselbe war sehr gut eingerichtet. Konnten die Gefangenen in Verbindung mit den Vorteilen solcher Badeanstalten zugleich bessere, reinere und warmere Kleider erhalten, wåre vieles dabei erreicht. Die Gefangenen, die man in den Baracken oder bei der Arbeit sahen, sahen beinahe alle frisch und gesund aus, doch herrschten in diesem Lager viele Krankheiten schwerer Natur sowie Typhus, Flecktyphus und Malaria, und viele der Gefangenen sollen an diesen Krankheiten gestorben sein. Ein Arzt war von Flecktyphus angesteckt worden und lag krank im Hospital.

Mit dem Postverkehr waren die Gefangenen insofern zufrieden, weil sie Erlaub- nis hatten Briefe und Briefkarten nach Belieben abzusenden. Dagegen beklagten sie sich sehr dariiber, dass sie so wenige Briefe erhielten, und auch besonders dariiber, dass sie nicht das Geld erhielten, das ihnen von der Heimat angewiesen. Mehrere der Gefangenen hatten Geldanweisungen, die sie uns zeigten, hatten aber das Geld nicht empfangen.

Auch dies wurde dem Kommandanten mitgeteilt, und er versprach es untersuchen zu lassen.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

BERICHT V B E R DEN BESUCH IM KRIEGSGEFANGENENLAGER IN TROIZKOE.

Den 23. Oktober 1915.

Dieses Lager ist 30 Kilometer von Taschkent entfernt. Wir fuhren dahin mit den Automobilen des Kommandanten in Taschkent und umliegenden Lagern und wurden von ihm und Henn Markozoff vom RotenKreuz in Petrograd nebst einigen anderen Herren begleitet. Das Lager ist frisch und schon bel egen mit einer schonen Ansicht an gros sen Gebirgen und ist gross — fiir ca. 25,000 Mann berechnet, hatte doch von deutschen Ge­

fangenen nur 1,600, Unteroffiziere und Mannschaft, dazu kommt aber noch 200 in den Hospital-Baracken. Alle die verschiedenen Baracken und Hospitaler, worin Deutsche beherbergt waren, wurden inspiziert, und ein Besuch wurde auf einem der Kirchhofen gemacht.

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Die verschiedenen Fragebogen wurden in gewohnlicher Weise den Gefangenen vorgelegt, und wie es aus den Antworten hervorgeht, ist dieses Lager in einigen Bezieh- ungen verschieden von den anderen, die wir in Russiand gesehen haben. Die Nahrung ist ziemlich dieselbe wie iiberall und gar zu gering, besonders wenn in Betracht genommen wird, dass die Leute hier den ganzen Tag mit Weg-Arbeit und Arbeiten im Lager beschåf- tigt sind,, fiir welche Arbeit sie keinen Lohn erhalten. Nur fiir private Arbeit bekommen sie bis 25 Kopeken pro Tag, wovon ein Teil jedoch fur ihren Unterhalt oder Bekleidung zuriick- gehalten wird. An Reinlichkeit fehlt es auch, und viel Ungeziefer war vorhanden. Doch

werden nach Angabe des Kommandanten neue Badeeinrichtungen gebaut werden. Der Postverkehr ist wie in den anderen Lagern sehr langsam. Man hat z. B. Briefe in Sep­

tember empfangen, die Mårz und April datiert waren. Doch hatte man auch am 25. Juli Briefe zur Hand, die am 4. Juni abgeschickt waren. Auch Geldsendungen waren sehr lange unter Wegs. Ein Mann hatte am 23. Juli Nachricht bekommen, dass 50 Rubeln an ihn abgeschickt sei, hatte aber noch nicht das Geld erhalten.

Trotz dieser verschiedenen recht gewohnlichen Mangel muss doch erwåhnt werden, dass hier mehrere Kleider ausgeliefert werden. So bekommt z. B. jeder Mann zwei Hemde, und sie hatten alle Måntel, die besser aussahen als gewohnlich. In dem Lager ist Schu- sterei und Schneiderei eingerichtet, so dass Reparation von Stiefeln und Kleidern statt- finden kann. Wenn unbedingt notwendig, erhalten die Gefangenen auch Ersatzkleider ausgeliefert. Die Unterbringung war dieselbe wie in anderen Lagern, die fiir rus- sische Soldaten eingerichtet sind, und was die Grosse der Aufenthaltsråume im allge- meinen anbelangt, waren dieselben geniigend gross. Einige derselben wraren jedoch nicht fertig gebaut, so dass die Wohnråume nicht gegen die Nachtkålte geschiitzt waren. Die Bettstellen bestehen wie gewohnlich aus Holzpritschen, hier hatte man jedoch Strohmatten als Unterlage. Von Wascheinrichtungen waren nur wenige vorhanden, nur eine in jeder Baracke, und das Waschen in dem Fluss oder im Kanal ist nicht leicht und auch nicht ohne Gefahr wegen der Tiefenverhåltnisse.

Trotz der verschiedenen recht guten Verhåltnisse in diesem Lager und trotz des giinstigen Klimas und der frischen Luft ist der Gesundheitszustand doch schlecht, be­

sonders in den Sommermonaten; viele schwere Krankheiten herrschen, namentlich Typhus und Malaria, und die Sterblichkeit ist ausserordentlich gross. Im Monat Juni waren bis zu 30 taglich gestorben und im ganzen in diesem Lager iiber 500. Die vielen Kreuze, die wir auf den Kirchhofen sahen, trugen Zeugnis hiervon, und viele neue Gråber waren gegraben.

Als wahrscheinliche Ursache der Krankheiten und der grossen Sterblichkeit muss, nebst eigener Unvorsichtigkeit der Leute, erwåhnt werden, dass in Turkestan iiberhaupt viel Malaria und Typhus herrscht. Ferner die Unterernåhrung namentlich in Verbindung mit viel Arbeit, was besonders in den Sommermonaten bei einer Hitze bis auf 41 Gr. R. sehr hart sein muss. Selbst russische Aerzte sind der Meinung, dass Unter­

ernåhrung speziell fiir die Leute, die vom Felde kommen und den anstrengenden Trans­

port unterworfen gewesen, viel Schuld an den Krankheiten trågt. Der Oberarzt dieses Lagers hatte auch wegen der Unterernåhrung mehrmals an den Behorden einberichtet.

Ganz besonders muss der grosse Mangel an Medizin besonders an Chinin erwåhnt werden.

Die Aerzte beklagten sich viel daruber und glaubten, dass die grosse Sterblichkeit damit zusammenhångt, dass man nicht geniigend Medizin hat, und dass die Kranken sich leicht erkålten, weil sie unzulånglich bekleidet zu einer entfernt gelegenen Latrine gehen miissen.

Vielleicht liegt in diesen Umstånden eine wichtige Ursache zu der grossen Sterblichkeit.

Schwester ERICA von PASSOW. F. DRECHSEL.

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