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KAPITEL

In document THE DET (Sider 69-114)

Die aggressive Politik der deutschen Regierung. Wie der Crieg durch die berühmte «Organisation» vorbereitet wurde.

lie wahre Mission des «Friedenskaisers». Enthüllungen eines

"agebuches.

Mehrere Jahre vor dem Ausbruche des Weltkrieges wurden mehrere Arbeiten veröffentlicht, die das über­

mütige Ziel und den aggressiven Charakter des deutschen Chauvinismus ganz ungeniert und offen an den Tag 3gten. Kein Mensch konnte zweifeln, dass man in ge­

wissen Kreisen einen grossen Krieg vorbereitete, um

>eutschlands Macht zu erweitern. Solche Arbeiten waren esonders «Deutschland und der nächste Krieg» (1911) on General Bernhardt, «Gross-Deutschland» (1911) on O. R• Tannenberg und «Die Schicksalsstunde des

•eutschen Reiches» von Oberst Frobenius.

Keiner, der die Verhältnisse in Regierungskreisen i Deutschland kennt, kann behaupten, dass diese Ver-asser vereinzelt stehen und nur ganz persönliche An-ichten aussprechen und nichts gemeinschaftliches mit er Politik der Regierung und des Kaisers haben. Im

egenteil; sie drücken schlechtweg die Meinungen und erhoffnungen des Kaisers und seiner nächststehenden tatsmänner aus, Gross-Deutschland mit dem Schwert ei erster bester Gelegenheit zu verwirklichen.

Aber nicht genug damit.

Der germanistische Chauvinismus will eine Preussen-elt, eine Welt in «Gib Acht!» organisieren, mit mili-irischer Disziplin, mit Rüstungen für Millionen und iit einem Seelensystem der Untertanen so organisiert, ass sie die Ordre, dem Befehle zu gehorchen, und nur ßhorchen, verstehen.

Für die Aktion sind alle denkbaren Vorbereitungen lange voraus gemacht: nicht nur Waffen und Munition und gründliche militärische Übungen gehören zu diesen Vorbereitungen, sondern auch die gründlichste Spioniererei der Welt, die gründlichste Kenntnis der vorbedachten strategischen Plätze im Feindeslande u. s. w.

Die «Organisation» war vor dem Kriege 1914 voll­

ständig fertig für die grosse Handlung, womit Deutsch­

land Europa unter teutonischer Leitung beglücken wollte-Und die Teutonen waren, überzeugt von der Vollstän­

digkeit ihrer «Organisation», ganz im klaren, das dies schnell gehen würde, und dass der Feind, der «das aus­

erwählte Volk Gottes» tückisch überfallen wollte, in einigen Wochen geschlagen würde.

Obwohl man in Deutschland sehr wohl wusste, dass England keine Rüstungen vorgenommen hatte, und dass seine Armee sehr klein war, und dass Russland schlecht versehen war mit Waffen und Munition, haben Regierung, Publizisten und Schriftsteller in Deutschland dem Volke erzählt, wie die Ententemächte gerüstet hätten, wie sie

«den sorgfältig vorbereiteten Mechanismus ihrer Kriegs-rüstungen im August 1914 in Gang setzten» etc.

In Deutschland, andererseits, war die Armee wie bekannt — ein höherer Offizier hat es u. a. einei mii bekannten Person bestätigt seit Monaten unoffiziel mobilisiert, und man brauchte nur einige Tage um eine Million Soldaten über die Grenzen Frankreichs und Russlands zu senden.

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In der Kunst zu spionieren ist die deutsche Regie­

rung unübertroffen; die berühmte deutsche «Organisa­

tion» ist auf diesem Gebiete ganz diabolisch, ganz unbekümmert um alle Moral. Das Erkundigung samt, das wir ziemlich gut durch zwei Bücher eines früheren geheimen Agents, Dr. A. R. Graves,1 kennen, hat drei Abteilungen: eine für das Heer, eine für die Marine und eine für politisch-persönliche Erkundigungen; die

1 «The Secrets of the German war-office»; «The red secrets of the Hohenzollerns».

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letztere ist dirigiert vom Ministerium des Äusseren und vom Kaiser persönlich. Der Generalstab kennt durch seine Spione, die oft junge Offiziere sind, ganz genau die verschiedenen Länder und besitzt topografisch-exakte Karten über alle Plätze, Landschaften und Küsten, die in künftigen Kriegen möglicherweise von irgend welcher Bedeutung sein können. Auf den Karten über England, Frankreich und Russland sind nummerierte Sektionen, die zwei Offizieren und einem Sekretär anvertraut sind, die die Aufgabe haben, sich mit allen Einzelheiten ver­

traut zu machen.

Für die Marine sind ozeanographische Experten an­

gestellt, die die Küste Englands studieren, um strate­

gische Punkte für U- Bootsattacken auf England festzu­

stellen; diese sind bestimmt, Depots für diese Boote zu sein. Photographien von den Küsten der Meerbusen und Flussmündungen nehmen Spione, die als gewöhnliche Reisende fahren u. s. w.

Eine gewaltige Spioniererei wurde in England organisiert, als Wilhelm II. und die deutsche Regierung fanden, dass sie Viscount Haidane und Mr. Churchill bei ihrem Besuche in Deutschland 1911 nicht für die deutsche Politik gewinnen konnten (wie voran er­

zählt ist).

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Den Engländern zeigte man zwar manche neue Erfindung, aber die allerwichtigsten, die neuesten Kriegs­

maschinen : die 42 cm Mörser, die Kriegs-Zeppeliner und iie grossen U-Boote zeigte man nicht. Sie waren wohl bewahrte Geheimnisse für alle; sie waren Erfindungen, iie die Feinde vernichten sollten, wenn Deutschland in iinen Krieg käme.

Der erste Kriegs-Zeppeliner oder Luft-Dreadnought

— für Lufttorpedos und Kanonen etc. — war bei Swinemünde verfertigt u.id machte seine Probereise den 1. Oktober 1910. Wilhelm II. und Graf Zeppelin waren mwesend, als er aufstieg und nach einer Reise über Schweden zurückkam. Dr. Graves, der mit auf dieser Reise war, erzählt, wie das Luftschiff nach der Landung

Nyström : Vor dem Tribunale. 5

nachher ins Meer geworfen wurden. Bis Anfang des Krieges 1914 wurden die Teile dieser Luftschiffe im geheimen verfertigt, aber nie zusammengesetzt, wenn nicht für gewisse heimliche Versuche- Kein Kriegs-Zeppeliner durfte vor dem Kriege existieien.

Das Geheimnis konnte bewahrt werden, weil die Arbeiter, die den ersten gemacht hatten, streng über­

wachte Sträflinge waren.

Das erste U-Boot vom neuen grossen Typus, mit einer Ölmaschine von 2000 Pferdekräften und einem Aktionsradius von 4000 Meilen - das grösste Tauch­

boot bis 1912 hatte nur 650 Pferdekräfte und einen Aktionsradius von 2000 Meilen — wurde im geheimen auf der Werft der Marine in Kiel von Sträflingen ge­

baut, so dass die Welt auch von diesem Kriegsfahrzeug nichts wusste. Nach seiner Probereise wurde auch dieses U-Boot sogleich zerstört.

Ebenso heimlich wurden die grossen 42-Zentimeter Mörser in Krupps Werkstätten vorbereitet. Bei einem Besuche Wilhelms II. und seines Stabschefs, wurden 50—60 grosse Stahlblöcke, 20 Fuss lang und 5 tuss breit, als ein Geheimnis gezeigt Die Arbeiter wussten nicht, wozu sie bestimmt waren, und heimliche Agenten fremder Staaten versuchten vergebens, etwas zu er­

fahren Es waren die Urblöcke der Mörser, die zum ersten Male im Kriege 1914 angewendet wurden

Andere Vorbereitungen der berühmten deutschen

«Organisation» waren die erstickenden und reizenden Gase und die brennenden und ätzenden Flüssigkeiten, die die Deutschen gegen die Feinde aussandten, Erfin­

dungen, die die deutsche Kriegführung ganz teuflich gemacht haben, und die eine Schande fur die deutsche

Kultur sind. . , «

So hat also die deutsche Regierung verstanden, alles vorzubereiten, um «mit Gottes Hilfe» den Krieg sieg reich führen zu können.

Wilhelm II, der sich grosse Resultate von Zeppelm-Luftschiffen als Kriegsfahrzeuge erwartete, nannte den Graf «einen der grössten Männer des Jahrhunderts»

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(man war jedoch nur im Anfange des 20. Jahrhunderts!).

Die Zeppeliner haben jedoch nichts besonderes in den Kriegsoperationen geleistet, aber sie sind in einer be­

dauerlichen Weise berüchtigt worden durch ihre Reisen über Paris und London u. a. Städte, wo sie blutige Tagwerke geleistet haben, viele zivile Leute, Weiber und Kinder getötet und Häuser zerstört haben. Sie haben dadurch viel dazu beigetragen, den Hass der Franzosen und Engländer gegen die Deutschen zu schärfen. Im März 1917 ist Zeppelin gestorben und beim Begräbnis für seine grossen Taten grossartig gepriessen worden.

In einer Biographie von Zeppelin wurden die berüch­

tigten Reisen tabellarisch aufgeführt mit Verzeichnis über niedergeworfene Bomben, die so und so grossen Schaden verursacht hätten, alles als Heldentaten ver­

zeichnet.

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Wie gründlich die Vorbereitungen des deutschen Generalstabes einige Jahre vor dem Anfange des Krieges den Einmarsch in Belgien und Frankreich vorbereitet hatten, weiss man durch Entdeckungen gewisser Arbeiten für Belagerungen, welche die Deutschen in Friedenszeit daselbst ausgeführt hatten.

Man weiss, dass Plätze von Deutschen angeblich für industrielle Unternehmungen gekauft wurden, wo Grundarbeiten ausgeführt wurden, ohne irgendwelchen Verdacht zu erwecken, die aber Betonunterlagen für die i.euen Riesenkanonen bezweckten. Diese Kanonen können, wie bekannt^ nicht ohne einen besonderen festen Grund angewendet werden. Die Unterlagen wurden gleich im Anfange des Krieges bei den Belagerungen von bel­

gischen Städten, Lüttich u. a., sowie auch französischen Städten, wie Rheims, Maubeuge u. a., benützt.

Eine andere Vorbereitung für die Okkupation Bel­

giens war der Einkauf eines Steinbruches bei der kleinen Stadt St. Croix, nahe Brügge, durch eine deutsche Gesellschaft. Hier wurde 1913 gesprengt und sonstige Grundarbeiten ausgeführt, ohne dass die Belgier anders verstanden, als dass es sich um industrielle Gewinnung

Deutschen besetzt war, konnte man sehen, welche die ausgeführten Arbeiten waren: Gvundbefestigungen u^icl Schützengräben, die vorher mit Brettern und Reissig gedeckt waren. Ein naher Verwandter, welcher bei An­

fang des Krieges in Brügge lebte, und obschon Untertan eines neutralen Staates, daselbst als Zivilgefangener 15 Monate zurückgehalten wurde, hat diese Schützen­

gräben, die ein sehr ausgebreitetes Netz ausmachten, selbst gesehen und hat mir Auskunft darüber gegeben. Der Platz ist sehr geeignet, die ganze niedriger liegende Umgebung strategisch zu beherschen.

Eine andere strategische Vorbereitung von der­

selben Beschaffenheit machten die Deutschen bei Soissons 1912—1913. In einem interessanten Buche: «What I found out in the house of a German prince» — «Was ich in dem Hause eines deutschen Prinzen fand»

von einer englischen Dame, die fünf Jahre, bis Anfang des Krieges, Gouvernante bei einer Hohenzollernfamilie war, hat die Verfasserin folgendes mitgeteilt. Als der preussische General von Kluck einmal (1912) zu Besuch auf dem Schlosse des Prinzen war, hörte sie ihn sagen, dass «sie» wollten, er sollte nach Frankreich fahren um

«etwas» anzusehen. Er sandte den jungen Prinzen 1913 ein Kästchen mit Schokolade und seiner Visitenkarte, worauf geschrieben war: «Französische Schokolade tur zwei tapfere junge deutsche Soldaten.» Als der Prinz die Visitenkarte sah, sagte er lachend: «Der alte Wage­

hals'» Ein Franzose teilte der Verfasserin mit, nach­

dem sie im Herbste 1914 nach England zurückgekommen war, dass man behauptet hatte, der General v. Kluck habe Frankreich inkognito besucht, um einige btein-brüche bei Soissons zu besehen, welche die Deutschen gekauft und im geheimen bearbeitet hatten, um sie als Schützengräben zu benützen, welche Arbeit sie ein Jahr vor dem Kriegsausbruche begonnen hatten!

Es ist wahrscheinlich, dass General v. Kluck die Arbeit bei St. Croix in derselben Zeit wie die Arbeit bei Soissons geplant hatte.

Man muss bedenken, dass diese Stadt an der andere

Seite von Rheims und ziemlich nahe Paris liegt, weshalb ihre Eroberung ein Hauptziel für den Krieg in Frank­

reich sein würde. Hier gelang es auch den Deutschen im Anfang des Krieges, eine feste Stellung zu erreichen, und hier war es, wo die Franzosen im Jannuar 1915 eine unglückliche Offensive unternahmen.

Um einen U-Bootkrieg in entfernteren Meeren führen zu können, musste Deutschland Benzinvorräte haben.

Dafür hatte das deutsche Marineministerium lange vor Anfang des Krieges Veranstaltungen getroffen.

Als die Engländer das Schloss Achilleum auf Korfu, das die Kaiserin Elisabeth für sich aufgeführt hatte und nach ihrem Tode von It ilhelui II. gekauft wurde, in Besitz nahmen, fanden sie eigentümliche Rohrleitungen.

Durch nähere Untersuchungen fanden sie, dass diesse in grosse Benzintanks am Strande endeten. Die Tanks waren von Zement gemauert, hermetisch geschlossen und standen unter der Wasserfläche. Deutschland war also lange vorher gut vorbereitet für einen Seekrieg im Mittelmeere.

Eine ähnliche Entdeckung machten die Engländer während des Seekrieges in der Nordsee. Sie glaubten iro Anfange, dass die Norweger den Deutschen Benzin für ihre U-Boote verkauften. Aber endlich entdeckten sie Benzintanks, welche die Deutschen unter der Wasser­

fläche an der Küste Schottlands und der schottischen Inseln versenkt hatten.

Es ist auch wahrscheinlich, dass die Deutschen Benzintanks an der Küste Norwegens ausgepflanzt haben. Sie haben ja seit Jahren diese Küste mit dem Senkblei genau untersucht — während der Besuche Wilhelms H. in Norwegen — und kennen sie vielleicht besser als die Norweger. Ganze Geschwader sind dem Kaiser bisweilen bei seinen Besuchen in die Fjords gefolgt und haben da Übungen vorgenommen — ohne Erlaubnis und zum Ärger der Norweger, die auch gewisse Übungen mit dem Senkblei verboten haben.

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Wie man sehr wohl weiss, hatte der deutsche Generalstab alles vorbereitet für eine Okkupation von Belgien, strategisch und administrativ.

Aber nicht nur Belgien, sondern auch Dänemark war als Opfer ausersehen, und ein Einmarsch in dieses Land war auch geplant. Ein Däne hat erzählt, dass er zu Anfange des Krieges von einem Deutschen in Berlin, der Berührung mit offiziellen Kreisen hatte, hörte, dass die deutsche Regierung die Absicht hätte, Dänemark mit 150 000 Mand zu besetzen, wenn England über dieses Land einen Versuch machen sollte, Deutsch­

land zu drohen. Die deutsche Regierung hätte schon Beamte für die Verwaltung, Gouverneure, Postmeister u.s.w. für die dänischen Städte ausersehen, Als der Däne dies bezweifelte, versicherte sein deutscher Bekann­

ter, dass er es bestimmt rvüsste.

Bedauerlich ist die Entartung des deutschen Natio­

nalismus, der als Germanismus seit einem Jahrhundert bekannt ist, der die Geschichtsschreibung in Deutsch­

land und die Politik der Regierungskreise mehr und mehr beherrscht und eine Kriegspartei herangebildet hat. Schade, dass Wilhelm II. nicht vorurteilsfreie und selbständige Geschichtsschreiber in seiner Umgebung gehabt hat, wie der berühmte römische Konsul Scipio Ämilianus im zweiten Jahrhunderte vor Christo, der den berühmten griechischen Geschichtsschreiber Polybius als vertrauten Freund hatte. Dieser war der erste Ver­

treter der pragmatischen Geschichtsschreibung, welche auf die Gründe der Begebenheiten ganz objektiv zurück­

geht und ihre Ursachen und Wirkungen darlegt. Poly­

bius stellte, im Gegenteil zu der einseitigen chauvinis­

tischen Geschichtsschreibung, mit gesundem Urteil und unerschütterlicher Wahrheitsliebe den Gang der Ereig-nisse in seiner «Weltgeschichte» dar. Unparteiisch und gerecht wagte er, Rom manche kühne Wahrheit zu sagen und offen zu tadeln, was er als Unrecht von Seiten der Sieger ansah.

Schade, dass ein solcher Mann nicht in Deutschland sich gezeigt hat. Er und andere aufgeklärte Geister hätten das kulturwidrige Auftreten der Militärpoli­

tiker Bernhardi, Tannenberg, Frobischer u. a., sowie auch ihres Lehrers Treitschke unmöglich gemacht. Dann hätte auch der Militarismus — von Roosevelt «Bern­

hardismus» genannt — sich nicht entwickeln können.

Wilhelm II. meint, er wollte als Friedenskaiser sein Volk regieren. Das hat er während 25 Jahre erklärt, und das hat ihm sein Volk nachgesagt. In einer Thronrede 1888 sagte er:

«Die Leiden eines Krieges, und selbst eines sieg­

reichen, ohne Not über Deutchsland zu verhängen, würde Ich mit Meinem christlichen Glauben und mit den Pflichten, die Ich als Kaiser gegen das deutsehe Volk übernommen habe, nicht verträglich finden.»

In einer Rede beim Ständefest in Westfalen 1898 sagte er: «Der Friede wird nie besser gewährleistet sein als durch ein schlagfertiges, kampfbereites deutsches Heer.*

Bei der Eröffnung des Reichstages 1912: «Das Gedeihen unserer Werke des Friedens daheim und über See hängt davon ab, dass das Reich mächtig genug bleibt, um seine nationale Ehre, seinen Besitz und seine be­

rechtigten Interessen in der Welt jederzeit zu wahren und zu vertreten. Deshalb ist es meine beständige Pflicht und Sorge, die Wehrkraft des deutschen Volkes zu Lande und zu Wasser zu erhalten und zu stärken.»

Der so oft ausgesprochene Wunsch des Kaisers, in der Geschichte einst «Friedenskaiser» zu heissen, sollte nicht in Erfüllung gehen. Hat er selbst keine Schuld deran? Nein, versichert man in Deutschland: «Man drückte uns das Schwert in die Hand.» Selbst sagte der Kaiser beim Kriegsausbruche 1914:

«Seit der Reichsgründung ist es durch 43 Jahre Mein und Meiner Forfahren heisses Bemühen gewesen, der Welt den Frieden zu erhalten und im Frieden unsere kraftvolle Entwickelung zu fördern. Aber die Gegner neiden uns den Erfolg unserer Arbeit. — Mitten im Frieden überfällt uns der Feind.»

In «The Berlin Court under William II» by Count Axel von Schwering (1915) finden wir im letzten Kapitel:

«Graf von Schwerings Tagebuch», die interessantesten und, i einigen Punkten, die erstaunlichsten Mitteilungen über die Gedanken und Absichten des Kaisers, in Hin­

sicht auf den Österreich-serbischen Konflikt und den Krieg von 1914.

Graf Schwering wird dem Leser vorgestellt als eine Person, die seit manchen Jahren in dem intimen Kreis am Hofe der Kaisers verkehrt, was man auch in einer Menge von Erzählungen in dem Buche sieht. Der Name ist ein Pseudonym, aber die Person hat existiert ist jetzt gestorben — und ich bin autorisiert mitzuteilen, dass er längere Zeit nahe Verbindungen mit Schwering hatte und diesen Namen auf das Titelblatt des Buches setzte und dazu das letzte Kapitel, das «Tagebuch» hin­

zufügte. Dieses ist jedoch nicht als solches von der besagten Person geschrieben, sondern ist, um die Ano­

nymität zu bewahren, eine Anordnung mit teilweise erdichteten lokalen Verhältnissen, die Briefe enthält, die von dieser Person geschrieben sind.1

Schwering, der Unterredungen mit dem Kaiser in den ersten Tagen im Juli 1914 hatte, berichtet, dass der Kaiser von möglichen Komplikationen sprach, die von der Ermordung des Erzherzogs kommen könnten: «Russ­

land soll für den Anteil, den es in diesem Drama hatte, bestraft werden. — Aus dieser Ermordung wird mög­

licherweise der endliche Sieg deutscher Kultur und deutscher Politik resultieren.»

Einige Tage nachher hatte der Kaiser eine Unter­

redung mit Schwering und sagte dann:

«Betrachte die geographische Lage Deutschlands.

1 Die Person hinter den Namen «Schwering» war eine ungewöhnlich begabte Fürstin, die im hohen Alter 1915 starb.

In einer Totennotiz über sie in einer Wiener Zeitung stent:

«In der Reihe ihrer Vorfahren zählte diese atisgezeichnete Frau zu den Berühmtheiten von Weltruf- — Ihr Salon in Berlin war der Mittelpunkt aller jener, die durch Geburt, Intelligenz oder Talent in den Vordergrund gestellt waren. Durch ihren Gatten war sie mit dem Königshause Hohenzollern verwandt. Sie wurde von der Kaiserin Augusta als Nichte behandelt.»

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Es steht umschlossen von Feinden, ohne die notwendige Möglichkeit, einen Ausgang zur See zu haben, wenn es sich den nicht künstlich schafft. Kann es unter diesen Ver­

hältnissen die dominierende Rolle spielen, die es in den Schicksalen der Welt ausführen sollte? — Wir können nicht für immer in unserer jetzigen defensiven Position bleiben — wir müssen eine endgültige Anstrengung machen.

Ich habe an Krieg gedacht, seitdem ich meinen Vater sukzedierte; damals waren wir nicht fertig, aber jetzt — jetzt sind wir fertig.-»

Später sagte der Kaiser, betreffend das Ultimatum Österreichs an Serbien:

«Wer redet von Krieg ? — Ich treibe an nichts. Ich bin in Norwegen, meine Feiertage zu geniessen. Meinen Ministern kommt es zu, zu beschliessen, was sie in dieser Lage tun sollen. Wenn man meine Meinung hören wollte, so würde ich sagen: Dass Russland und Öster­

reich ihre Zwistigkeiten zusammen abmachen. Es ist eine rein persönliche Sache, worin Österreich unabhängig handeln kann.»

Bald nachher hatte der Kaiser seinen Standpunkt geändert und er sprach in einer anderen Tonart:

«Österreich ist nicht allein in dieser Sache. Hinter ihm stehen das russische Publikum und die russische Presse, der Ehrgeiz des Präsidenten Poincarés und die Unverschämtheit der französischen Journalisten alle die Rivalitäten und Gefahren, die uns drohten, als ich jedoch nichts tun konnte, sondern schweigend und passiv sein musste. Ich habe eine lange Zeit gewartet und aufgepasst, allzu lange für einen Landesfürsten, der eine Aufgabe zu erfüllen hat. Glauben Sie, dass das mir leicht gewesen ist? Ich bin still gewesen, weil Ich nichts anderes habe tun können, da wir nicht für den Kampf fertig waren, und Ich keine Gewissheit hatte, dass wir ihnen trotzbieten konnten mit der Über­

zeugung, dass wir gewinnen würden. Jetzt hat die Stunde geschlagen, wo Ich meine Maske abwerfen kann.

Glauben Sie nicht, dass dies eine Erleichterung ist nach fünfundzwanzig Jahren, seitdem Ich zu der Über­

zeugung kam, dass Deutschland nicht stark genug war,

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